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JUSLETTER 2. MAI 2016

Liebe Leserinnen und Leser

Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung nimmt explosionsartig an Umfang und Wichtigkeit zu und erfährt zahlreiche Weiterentwicklungen und Präzisierungen (siehe auch Kurt Pärli, Die unterschätzte Bedeutung der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR für das Arbeitsrecht (Podcast), in: Jusletter 4. April 2016). Andreas Abegg und Christof Bernauer greifen einige interessante Entwicklungen in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung heraus und erkennen die Trends einer Prozeduralisierung und einer spezifischen rechtlichen Ordnung für leitende Angestellte.
 
Welche Einwirkungen hat das Recht der Europäischen Union auf die schweizerische Steuerrechtsordnung? Die Angleichung der Steuersysteme weltweit befindet sich im Fluss. Die nationale Steuersouveränität der Schweiz sieht sich dementsprechend konstanten Einwirkungen von aussen ausgesetzt. Julian Kläser erstellt eine Bestandesaufnahme und schliesst daraus unter anderem: «Als Folge der Finanz und Schuldenkrise hat sich die Koordination der nationalen Steuersysteme weiter erhöht. Grosse Bedeutung kommt hier insbesondere der Durchsetzung von Transparenzanforderungen zu. Die Kehrseite dieser Regulierungsbestrebungen ist ein beharrlich wachsendes Mass an Bürokratie, womit die Schweiz im Vergleich zu den grossen Industrienationen einen entscheidenden Standortvorteil langsam aber sicher aufgibt, was sich mittelfristig wiederum nachteilig auf die Erhaltung eines effizienten Steuersystems und die Positionierung des Unternehmensstandorts Schweiz im internationalen Staatenwettbewerb auswirken dürfte».
 
Ein Hauptziel des Kartellgesetzes (KG) ist seit der letzten Revision, den Schweizer Markt vor Abschottung durch vertikale Abreden zu schützen. Tatsächlich bestimmt Art. 5 Abs. 4 KG, dass die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs vermutet wird «bei Abreden zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen über Mindest- oder Festpreise sowie bei Abreden in Vertriebsverträgen über die Zuweisung von Gebieten, soweit Verkäufe in diese durch gebietsfremde Vertriebspartner ausgeschlossen werden». Laura Melusine Baudenbacher stellt fest, dass der Gesetzgeber ganz klar eine Ausrichtung am Europarecht will. Die Gerichte sollten die Vorschrift dahin auslegen, dass die Schweizer Konsumenten wirksam geschützt werden.
 
Christian Alexander Meyer widmet sich der jüngeren Vertriebspraxis in der Schweiz und im europäischen Ausland. Er macht sich Gedanken zum Vertriebs- und Agenturverhältnis, insbesondere zu deren Beendigung aber auch zu deren Bezug zu weiteren Rechtsgebieten wie etwa dem Kartellrecht und rät, dass Vertriebsfragen vermehrt wirtschaftlich verstanden und rechtsübergreifend beurteilt werden sollten.
 

Wird einem Opfer eine unmenschliche Behandlung durch einen Staatsvertreter zugefügt, sehen die kantonale und eidgenössische Gesetzgebung vor, dass das Opfer nur den Staat einklagen kann, und nicht den Beamten selbst. Einreichung von Zivilforderungen gegen einen Beamten ist nicht möglich. Frédéric Cornuz fordert einen besseren justiziablen Schutz in solchen Fällen. 

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
Anna Steger
Leiterin Jusletter
Simone Kaiser
Verlagsleiterin Editions Weblaw
INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge
› Andreas Abegg / Christof Bernauer, Arbeitsrechtliche Präjudizien des Bundesgerichts
› Julian Kläser, Die Einwirkungen des Rechts der Europäischen Union auf die schweizerische Steuerrechtsordnung
› Laura Melusine Baudenbacher, Schutz von Schweizer Konsumenten vor absoluten Gebietsabreden
› Christian Alexander Meyer, Gedanken zum Vertriebsrecht
› Frédéric Cornuz, Le traitement physique inhumain infligé par le représentant étatique

Aus dem Bundesgericht
› Jurius, Kein Arbeitslosengeld für die vom Chef getrennt lebende Ehefrau
› Jurius, Flugplatzareal Dübendorf
› Jurius, Waffenexport nach Kasachstan erneut vor Bundesstrafgericht
› Jurius, Freiheitsstrafe für Iraner bestätigt
› Jurius, Dix mois de prison pour harcèlement
› Jurius, Justice genevoise à nouveau épinglée
› Jurius, Automobilist muss Führerausweis wegen eines Vogels abgeben
› Jurius, Freiheitsstrafe von zwölf Jahren für Tötung bestätigt

Aus dem Bundesverwaltungsgericht
› Jurius, Weko-Verfügung zur Amag-Preisabsprache ist nichtig

Aus dem Bundesstrafgericht
› Jurius, Einsicht in Dokumente zu illegalen Heilmitteln

Gesetzgebungsübersicht
› Jurius, Verzeichnis der auf Mai 2016 in Kraft getretenen Erlasse des Bundes

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› Pfingstferien Jusletter.

› Jusletter – Finanzdienstleistungsfreiheit für Schweizer Finanzintermediäre?

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BEITRÄGE
Andreas Abegg / Christof Bernauer
Arbeitsrechtliche Präjudizien des Bundesgerichts

Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts nimmt Jahr für Jahr an Umfang zu und erfährt zahlreiche Weiterentwicklungen und Präzisierungen. Der Beitrag greift einige interessante Entwicklungen der letzten dreieinhalb Jahre heraus und erkennt dabei eine Prozeduralisierung des Arbeitsrechts bei neuralgischen, rechtspolitischen Fragen sowie die Entstehung einer spezifischen rechtlichen Ordnung für leitende Angestellte.

Beitragsarten: Beiträge
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht

Julian Kläser
Die Einwirkungen des Rechts der Europäischen Union auf die schweizerische Steuerrechtsordnung

Die Einwirkungen des europäischen Normensystems auf den Steuerstandort Schweiz sind mannigfaltig. Der Beitrag stellt zunächst die diversen mit Bezug auf die direkten Steuern interessierenden europarechtlichen Teilbereiche vor. In den nachfolgenden Ausführungen wird illustriert, dass der als Folge des gescheiterten EWR-Beitrittes der Schweiz im Jahre 1992 eingeschlagene bilaterale Weg zwischen der Schweiz und der EU aus einer steuerrechtlichen Optik bislang offensichtlich pragmatisch beschritten wurde. Abschliessend wird über die aktuellen steuerrechtlichen Entwicklungen im bilateralen Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU informiert.

Beitragsarten: Beiträge
Rechtsgebiete: Steuerrecht, Europarecht, Bilaterale Abkommen CH-EU

Laura Melusine Baudenbacher
Schutz von Schweizer Konsumenten vor absoluten Gebietsabreden

Am 13. November 2015 wurde das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen BMW gegen WEKO eröffnet, worin es seine Elmex-Rechtsprechung zur Erheblichkeit vertikaler Abreden und zur extraterritorialen Anwendung des KG bestätigt. Im Zentrum stehen die Ausführungen zur Frage, ob das Merkmal der Erheblichkeit in Art. 5 Abs. 4 KG – wie vom Gesetzgeber gewollt – in europakompatibler Weise auszulegen ist, oder ob es einen Schweizer Sonderweg geben soll. Verschiedene Spruchkörper des Gerichts haben sich dazu in den letzten zwei Jahren auf unterschiedliche Weise geäussert. Das BMW-Urteil steht, wie die Elmex-Urteile, für einen europakompatiblen Ansatz.

Beitragsarten: Beiträge
Rechtsgebiete: Wettbewerbsrecht, Kartellrecht

Christian Alexander Meyer
Gedanken zum Vertriebsrecht

Der Autor blickt auf die jüngere Vertriebspraxis in der Schweiz und vereinzelt auch im europäischen Ausland zurück, die er anwaltlich begleitet. Er macht sich praktische Gedanken zu Vertragsbeendigung und zur Abgeltung der Kundschaft. Dabei warnt er vor lauernden Gefahren, strukturiert Lösungen und bewertet die aktuelle Situation. Stichworte sind Vertragsrecht, Kartellrecht, Anti-Korruptionsrecht, Vertragsfreiheit und Bekanntmachungen der WEKO, Rabatte, Onlinevertrieb, Internationales Privatrecht und eingeschränkte Rechtswahl. Konsumentenschutz in Europa erhöht stetig den nachvertraglichen Aufwand der Anbieter.

Beitragsarten: Beiträge
Rechtsgebiete: Europäisches Privatrecht, Kartellrecht, Korruptionsstrafrecht, Wettbewerbsrecht, Deutsches Recht

Frédéric Cornuz
Le traitement physique inhumain infligé par le représentant étatique

Wenn ein Staatsbeamter eine Straftat der körperlichen Gewalt gegen die Unversehrtheit eines Bürgers begeht, sehen die kantonale und eidgenössische Gesetzgebung vor, dass das Opfer nur den Staat einklagen kann, und nicht den Beamten selbst. Diese Regelung bedeutet, dass die Einreichung von Zivilforderungen gegen den Beamten nicht möglich ist. Dieser Beitrag untersucht die Regelungen und die Schutzmassnahmen, die dem Bürger angeboten werden, wenn die begangene Straftat des Staatsträgers eine Intensität erreicht, dass von einem Akt der unmenschlichen Behandlung ausgegangen werden kann. (sts)

Beitragsarten: Beiträge
Rechtsgebiete: Strafprozessrecht
AUS DEM BUNDESGERICHT
Jurius
Kein Arbeitslosengeld für die vom Chef getrennt lebende Ehefrau
BGer – Arbeitete die Gattin in der Firma des von ihr getrennt lebenden Ehemannes, hat sie kein Anrecht auf Arbeitslosenentschädigung, solange die Scheidung nicht erfolgt ist. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Damit soll Missbräuchen vorgebeugt werden. (Urteil 8C_639/2015)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Arbeitslosenversicherung

Jurius
Flugplatzareal Dübendorf
BGer – Die vom Zürcher Kantonsrat im Hinblick auf die künftige Nutzung des Flugplatzareals Dübendorf beschlossene Änderung des kantonalen Richtplans muss nicht dem fakultativen Referendum unterstellt werden. Das Bundesgericht weist die Beschwerde des «Forum Flugplatz Dübendorf» und einer Privatperson ab. (Urteil 1C_415/2015)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Bau- und Raumplanungsrecht. Bodenrecht

Jurius
Waffenexport nach Kasachstan erneut vor Bundesstrafgericht
BGer – Das Bundesstrafgericht muss sich nochmals mit einem Schweizer Waffenhersteller befassen, den es wegen einer Widerhandlung gegen das Kriegsmaterialgesetz zu einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen à CHF 1’500 und einer Busse verurteilte. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Mannes gegen diesen Entscheid teilweise gutgeheissen. (Urteil 6B_1262/2015)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Strafrecht Schweiz Besonderer Teil

Jurius
Freiheitsstrafe für Iraner bestätigt
BGer – Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines Iraners bestätigt, der seine Nichte mehrmals vergewaltigte. Die junge Frau war zum Studium in die Schweiz gereist, um einer arrangierten Heirat mit einem streng religiösen Mann zu entgehen. (Urteil 6B_624/2015)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Strafrecht Schweiz Besonderer Teil, Strafen und Massnahmen. Pönologie

Jurius
Dix mois de prison pour harcèlement
BGer – Ein Fünfzigjähriger erhält definitiv eine Strafe von zehn Monaten Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe von CHF 1‘800 für Nötigung, Verleumdung und Ungehorsam gegen eine amtliche Verfügung. Seit Januar 2011 hatte dieser Mann das Leben einer Frau erschwert. (Urteil 6B_211/2016)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Strafrecht Schweiz Besonderer Teil

Jurius
Justice genevoise à nouveau épinglée
BGer – Die Genfer Justiz wurde im Zusammenhang mit den Haftbedingungen im Gefängnis Champ-Dollon erneut gerügt. Das Bundesgericht akzeptierte die Berufung eines Häftlings, dessen Beschwerde aufgrund Verspätung abgelehnt worden war. (Urteil 6B_1005/2015)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Strafprozessrecht

Jurius
Automobilist muss Führerausweis wegen eines Vogels abgeben
BGer – Ein Autofahrer muss seinen Fahrausweis wegen eines Vogels abgeben. Das Bundesgericht hat einen mindestens zweijährigen Führerausweisentzug für einen Mann bestätigt, der versucht hatte, beim Fahren einen Vogel aus seinem Wagen zu verscheuchen. (Urteil 1C_656/2015)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Strassenverkehrsrecht

Jurius
Freiheitsstrafe von zwölf Jahren für Tötung bestätigt
BGer – Das Bundesgericht hat die Verurteilung zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe für einen Mann bestätigt, der am 4. November 2011 mit seinem Sturmgewehr eine Kollegin erschoss. Auch die stationäre therapeutische Massnahme wurde gemäss dem Bundesgericht zu Recht angeordnet. (Urteil 6B_975/2015)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Strafrecht Schweiz Besonderer Teil, Strafen und Massnahmen. Pönologie
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Urteil 4A_582/2014 vom 17. April 2015

› Emilie Jacot-Guillarmod , Le billet à ordre mensonger, un faux dans les titres?
Urteil 6B_1229/2014 vom 7. April 2016

› Oliver Kaufmann , BVGer erklärt Verfügung des Vizepräsidenten der WEKO zur Volkswagen-Preisabsprache für nichtig
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› Fabian Klaber, Bund ist bezüglich der durch das obligatorische Schiessen verursachten Umweltbelastung nicht unmittelbarer Verursacher - Praxisänderung abgelehnt
Urteil 1C_223/2015 vom 23. März 2016

› Camilla Jacquemoud, L'égalité des sexes en matière salariale (art. 8 al. 3 Cst.)
Urteil 8C_376/2015 vom 24. März 2016

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AUS DEM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
Jurius
Weko-Verfügung zur Amag-Preisabsprache ist nichtig
BVGer – Die Verfügung der Wettbewerbskommission (WEKO), mit der eine einvernehmliche Regelung mit der Volkswagen-Importeurin Amag genehmigt wurde, ist nichtig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Die Verfügung ist Teil des Verfahrens zu den Preisabsprachen von VW-Markenhändlern. (Urteil B-5290/2014, B-5293/2014, B-5294/2014 und B-5332/2014)
Beitragsarten: Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Rechtsgebiete: Kartellrecht, Wettbewerbsrecht
AUS DEM BUNDESSTRAFGERICHT
Jurius
Einsicht in Dokumente zu illegalen Heilmitteln
BStGer – Die Strafverfolgungsbehörden und Swissmedic dürfen die Unterlagen prüfen, die im Rahmen von fünf Hausdurchsuchungen wegen Verdachts auf Verstösse gegen das Heilmittelgesetz sichergestellt worden sind. Dies hat die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts entschieden. (Urteil BE.2015.6 und BE.2015.13)
Beitragsarten: Aus dem Bundesstrafgericht
Rechtsgebiete: Strafprozessrecht, Heilmittel, Medizinprodukte, Lebensmittel
GESETZGEBUNGSÜBERSICHT
Jurius
Verzeichnis der auf Mai 2016 in Kraft getretenen Erlasse des Bundes
Die Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im Mai 2016 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.
Beitragsarten: Gesetzgebungsübersicht
Rechtsgebiete: Publikationen
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Jusletter 9. Mai 2016
› Adriano Marantelli, Die Bestimmung der Ansässigkeit im Kontext des automatischen Informationsaustausches
› Toni Amonn, Begrenzung des Fahrkostenabzugs nach FABI
› Claude Monnier, Schicksal des Mietverhältnisses an einer Baurechtsbaute bei Untergang des Baurechts – unter Berücksichtigung der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung
› Hans Giger, Schleichende Aushebelung der Volksrechte am Beispiel der Energiewende

Hinweis: Die Vorschau weist jeweils auf einige in der nächsten Ausgabe erscheinende Beiträge hin.
Änderungen bleiben vorbehalten.


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