|
|
| | Online Version | JUSLETTER 18. APRIL 2016 | Liebe Leserinnen und Leser
Lange Zeit wurde hinsichtlich der Widerrechtlichkeit im Haftpflichtrecht zwischen zwei Theorien unterschieden: Die subjektive – diese betrachtet jede Schädigung als widerrechtlich, sofern sich aus der Rechtsordnung keine Berechtigung zur Schädigung ergibt – und die objektive, welche dem Prinzip folgt: was nicht verboten ist, ist erlaubt. Inzwischen ist die Lehre dazu übergegangen eine Dreiteilung vorzunehmen, indem sie neuere Widerrechtlichkeitstheorien, welche die Widerrechtlichkeit mit einem Verstoss gegen eine Sorgfaltspflicht, gegen eine Schutzpflicht oder ein überwiegendes Interesse begründen, unter dem Titel «dritte Widerrechtlichkeitstheorie» zusammenfasst. Michel Verde zeigt auf, dass die Widerrechtlichkeit stets auf einem Verstoss gegen eine Verhaltensnorm beruht, es aber zwischen verschiedene Arten von Verhaltensnormen zu unterscheiden gilt, nämlich solche, die sich auf konkrete Verhaltensweisen beziehen, und solche, die vom Rechtsgut ausgehen und gewissermassen ein in Hinblick auf die Integrität des Rechtsgutes sorgfältiges Verhalten fordern.
Mit Urteil vom 26. November 2016 hat das Bundesgericht den unbedingten Vorrang des Freizügigkeitsabkommens Schweiz–EU gegenüber dem innerstaatlichen Recht bekräftigt. Andreas Glaser und Arthur Brunner unterziehen das Urteil hinsichtlich der gegenwärtigen europapolitischen Debatten in der Schweiz einer kritischen Analyse und sind der Ansicht, dass dieses Urteil rechtspolitischen wegweisenden Charakter haben wird (siehe auch Astrid Epiney, Auslegung und Verhältnis des Freizügigkeitsabkommens zum nationalen Recht, in: Jusletter 14. März 2016).
Auch Giusep Nay widmet sich u. a. dem gleichen Urteil und tritt den Meinungen entgegen, der Vorrang der EMRK bzw. des Freizügigkeitsabkommens (FZA) mit der EU vor den mit der Ausschaffungs- bzw. der Masseneinwanderungsinitiative angenommenen Verfassungsbestimmungen sei durch das Bundesgericht nicht verbindlich entschieden. Er stellt fest, dass die Ausführungen in den dazu besprochenen Entscheiden keine blossen obiter dicta sind und es daher in dieser Frage keines Meinungsaustausches unter den Abteilungen des Bundesgerichts bedurft hätte.
Biba Homsy beleuchtet die neuen Bestimmungen, insbesondere die der « Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen», des neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG), welches am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist. Sie räumt ein, dass die neuen Regelungen auf den ersten Blick der FINMA einen breiteren und praktischeren internationalen Austausch erlauben, jedoch ergeben sich durch diese abstrakten und mit vielen unbestimmten Rechtsbegriffen ausgestatteten Normen weitere Unsicherheiten (siehe zum Ganzen Podcasts@Weblaw Finanzmarktrecht, insbesondere Harald Bärtschi, Zur Reform des Finanzmarktrechts – eine Standortbestimmung, in: Podcasts@Weblaw Finanzmarktrecht 2015/2016).
Ein WLAN-Zugang in Hotels, Restaurants, Shops, Museen, Schulen, Universitäten usw. gehört heute zum Standard. Aber wie steht es mit den rechtlichen Risiken der Anbieter, insbesondere deren zivil- und strafrechtlichen Haftung? Ueli Grüter erläutert die rechtlichen Grundlagen und schlägt praktikable Massnahmen der Anbieter für ein risikominimiertes WLAN-Angebot im öffentlichen Raum vor.
Schliesslich bietet uns Roland Pfäffli eine Besprechung der Neuauflage des Handkommentars zum Schweizer Privatrecht.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
| | INHALTSVERZEICHNIS | Wissenschaftliche Beiträge | › | Michel Verde, Die Widerrechtlichkeit im Haftpflichtrecht |
| Urteilsbesprechungen | › | Andreas Glaser / Arthur Brunner, Politik in der Defensive: Zwischen Vorrang des FZA und dynamischer Rezeption der EuGH-Rechtsprechung |
| Beiträge | › | Giusep Nay, Vorrang Völkerrecht: kein obiter dictum, kein Meinungsaustausch | › | Biba Homsy, Nouvelles dispositions en matière de coopération internationale : ouverture ou contrôle de la FINMA ? | › | Ueli Grüter, WLAN im öffentlichen Raum |
| Rezension | › | Roland Pfäffli, Rezension: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht |
| Aus dem Bundesgericht | › | Jurius, Maintien du droit au séjour pour une femme | › | Jurius, Jäger müssen Schwarzwildschäden mitzahlen | › | Jurius, Metallwerke Refonda müssen Sanierung vorfinanzieren | › | Jurius, FC Servette muss nicht für Polizeieinsatz gegen Fans aufkommen |
| Aus dem Bundesverwaltungsgericht | › | Jurius, Wettbewerbsneutralität bei öffentlich-rechtlichen Anbietern |
| Rechtsprechungsübersicht | › | Jurius, Übersicht über die Rechtsprechung des Bundesgerichts und des EGMR (Februar 2016 – März 2016) |
| Vorschau |
| Anzeige | | Anzeige | | Anzeige | | | | WISSENSCHAFTLICHE BEITRÄGE | | URTEILSBESPRECHUNGEN | | BEITRÄGE | | | Giusep Nay | |
| | Vorrang Völkerrecht: kein obiter dictum, kein Meinungsaustausch | In seinen beiden Entscheiden einerseits zum Verhältnis der EMRK zu den Verfassungsbestimmungen der Ausschaffungsinitiative, anderseits des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und des FZA mit der EU zu jenen der Masseneinwanderunsgsinitiative, bejahte das Bundesgericht den Vorrang des Völkerrechts. Manchenorts wird die Meinung vertreten, dies sei lediglich in obiter dicta erfolgt, sei deshalb nicht verbindlich entschieden und könnte auch nur in einem Meinungsaustausch unter allen Abteilungen des Bundesgerichts geklärt werden. Das Gegenteil ist jedoch der Fall.
| Beitragsarten: Beiträge | Rechtsgebiete: Ausländer- und Asylrecht, Völkerrecht, EMRK, Grundrechte, Verwaltungsrecht, Öffentliches Recht, Bilaterale Abkommen CH-EU | |
| | Biba Homsy | |
| | Nouvelles dispositions en matière de coopération internationale : ouverture ou contrôle de la FINMA ? | Seit 1. Januar 2016 sind die neuen Bestimmungen zur Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen (Art. 42 ff. FINMAG) in Kraft. Internationale Amtshilfe, Informationsaustausch oder Grenzüberschreitende Prüfungen: Diese Ausdrücke beschreiben alle den gleichen Begriff der Hilfe an eine ausländische Behörde gemäss internationalen Standards. Der Beitrag untersucht die Übermittlungsregeln, welche von der FINMA anzuwenden sind und seit kurzem auch von den Beaufsichtigten. Welche Informationen können von der FINMA oder den Beaufsichtigten wie und wem übermittelt werden? Welches sind die Interventionsmöglichkeiten der FINMA bei einer direkten Übermittlung durch einen Beaufsichtigten? (sts)
| Beitragsarten: Beiträge | Rechtsgebiete: Aufsichtsrecht, Verwaltungsrecht, Europarecht und Internationales Recht, Datenschutz | |
| | Ueli Grüter | |
| | WLAN im öffentlichen Raum | Ein drahtloser Internetzugang gehört zu den meist gefragten Dienstleistungen im Tourismus, insbesondere in Hotels und Restaurants. Aber auch Shops, Museen, Schulen, Unis und andere Anbieter im öffentlichen Raum offerieren immer öfter einen WLAN-Zugang. Gleichzeitig fürchten sie den Missbrauch ihrer Internet-Infrastruktur, ja sogar straf- und zivilrechtlich für ihre Kunden und Besucher belangt zu werden. Wie kann man im öffentlichen Raum einen raschen und unkomplizierten Zugang über WLAN gewähren und trotzdem die rechtlichen Risiken minimieren?
| Beitragsarten: Beiträge | Rechtsgebiete: Informatikrecht, Fernmeldewesen. Fernmeldenetze | |
| REZENSION | | Anzeige | | | | Weitere juristische Veranstaltungen online auf Agenda. Bewerben auch Sie Ihre Veranstaltung in der Agenda der Weblaw AG. Weitere Informationen finden Sie hier. | | | | AUS DEM BUNDESGERICHT | | | Jurius | | Maintien du droit au séjour pour une femme | BGer – Opfer von häuslicher Gewalt - Eine tunesische Staatsangehörige kann in der Schweiz bleiben, trotz eines Vetos des Staatssekretariats für Migration, welches ihre Ausschaffung angeordnet hatte. Das Bundesgericht stützt somit den Entscheid der Waadtländer Behörden. (Urteil 2C_649/2015) (sts) | Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht | Rechtsgebiete: Ausländer- und Asylrecht | |
| | Jurius | | Jäger müssen Schwarzwildschäden mitzahlen | BGer – Jagdgesellschaften müssen sich an der Entschädigung von Schwarzwildschäden finanziell beteiligen. Das hat das Bundesgericht entschieden und die Beschwerde einer Solothurner Jagdgesellschaft gegen die kantonale Entschädigungspflicht abgewiesen. (Urteil 2C_975/2015) | Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht | Rechtsgebiete: Grundrechte, Ökologisches Gleichgewicht | |
| | Jurius | | Metallwerke Refonda müssen Sanierung vorfinanzieren | BGer – Die Metallwerke Refonda in Chippis (VS) müssen Abklärungen für eine Altlastensanierung auf dem Gelände einer Verpackungsfirma in der Nachbargemeinde Siders (VS) vorfinanzieren. Das Bundesgericht ist auf eine Beschwerde der Werke nicht eingetreten. (Urteil 1C_130/2016) | Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht | Rechtsgebiete: Ökologisches Gleichgewicht | |
| | Jurius | | FC Servette muss nicht für Polizeieinsatz gegen Fans aufkommen | BGer – Der Fussballclub Servette Genf muss nicht für einen Einsatz der Kantonspolizei Waadt aufkommen, zu welchem es wegen gewalttätigen Servette-Fans gekommen war. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Es hält fest, dass für eine Überwälzung der Kosten die gesetzliche Grundlage fehlt. (Urteil 2C_780/2015) | Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht | Rechtsgebiete: Öffentliche Finanzen | |
| AUS DEM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT | | | Jurius | | Wettbewerbsneutralität bei öffentlich-rechtlichen Anbietern | BVGer – Reicht eine öffentlich-rechtliche Anbieterin ein Angebot ein, in dessen Rahmen sie erheblichen Aufwand für den Gesamtprojektleiter als Eigenleistungen ausweist, ohne entsprechende Kosten aufzurechnen, dann hat die Vergabestelle zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, aufgrund dessen ein Ausschlussgrund vorliegen könnte, bevor sie den Zuschlag erteilt. (Urteil B-3797/2015)
| Beitragsarten: Aus dem Bundesverwaltungsgericht | Rechtsgebiete: Öffentliches Recht, Vergaberecht, Wettbewerbsrecht | |
| RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT | | | Jurius | | Übersicht über die Rechtsprechung des Bundesgerichts und des EGMR (Februar 2016 – März 2016) | Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Februar 2016 bis und mit 16. März 2016 sowie die Urteile des EGMR mit Beteiligung der Schweiz auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Mitteilung bzw. Besprechung in Jusletter und im dRSK wiedergegeben. | Beitragsarten: Rechtsprechungsübersicht | Rechtsgebiete: Publikationen | |
| Anzeige | | Anzeige | | Anzeige | | | | Möchten Sie Ihre Stellenanzeige auch in Jusletter publizieren? Lawjobs ist die grösste juristische Stellenplattform der Schweiz. Ihre Stellenanzeige erscheint während 4 Wochen auf lawjobs.ch, monster.ch und jobpilot.ch sowie auf Twitter und wird zusätzlich während 4 Wochen in der zweisprachigen juristischen Online-Zeitschrift Jusletter an mehr als 23'000 aufmerksame Juristinnen und Juristen versandt. Auf weblaw.ch verzeichnen wir monatlich über 85'000 Besuche. Für eine noch exklusivere Position Ihrer Stellenanzeige bietet Ihnen die Weblaw AG neu den Service Lawjobs Special Box an. Weitere Informationen finden Sie hier.
| | | Jusletter 25. April 2016 |
› | Thomas Jutzi / Christoph Feuz, MiFID II, AIFMD und UCITSD: Auswirkungen des EU-Vermögensverwaltungsrechts auf das grenzüberschreitende Geschäft Schweizer Finanzintermediäre | › | Kevin Hubacher, Schweizer Kartellrecht 2015 – ein Jahresrückblick | › | Markus Hess / Omar Abo Youssef, Die Übergangsbestimmung zum qualifizierten Steuervergehen als Geldwäschereivortat | › | Linda Sutter / Urs Sutter, Rezension: Schwander – Das Opfer im Strafrecht | Hinweis: Die Vorschau weist jeweils auf einige in der nächsten Ausgabe erscheinende Beiträge hin. Änderungen bleiben vorbehalten. |
| |
|
|
|
|
Weblaw AG | CyberSquare | Laupenstrasse 1 | 3008 Bern T +41 31 380 57 77 | F +41 31 380 57 78 | info@weblaw.ch
|
|
|
| |
|