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| | Online Version | JUSLETTER 8. FEBRUAR 2016 | Liebe Leserinnen und Leser
«Indizierende Umstände» im Privatversicherungsrecht sind Sachverhalte, die typischerweise keine direkte Ursache eines Versicherungsfalles darstellen. Sie können jedoch auf weitere, den Eintritt oder Umfang des Versicherungsfalles beeinflussende, Tatsachen hindeuten oder zu deren Feststellung führen, weshalb sie der vorvertraglichen Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers nach Art. 4 Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) unterliegen. Andrea Eisner-Kiefer setzt sich mit einem Urteil des Bundesgerichts vom 29. Oktober 2015 auseinander, der sich zum ersten Mal ausführlich mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen Falschangaben zu indizierenden Umständen den Versicherer von der Leistungspflicht befreien können.
Die Schweizer Stimmberechtigten haben sich mit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative dafür ausgesprochen, den Zweitwohnungsbau zu beschränken. Der Bundesrat hat nun diese Initiative, die Zweitwohnungsverordnung sowie das vom Parlament verabschiedete Bundesgesetz über Zweitwohnungen auf den 1. Januar 2016 in Kraft gesetzt (siehe auch Adriano Marantelli, Tourismus- und Zweitwohnungsabgaben – eine Bestandesaufnahme, in: Jusletter 2. Februar 2015). Die neue Gesetzgebung betont die Übertragung von Kompetenzen bei der Raumplanung der Kantone an den Bund. David Equey befürchtet durch diese Zentralisierung eine deutliche Erhöhung des Verwaltungsaufwandes für die Behörden.
Stellt Art. 3 Abs. 2 lit. c Bankengesetz (BankG) wirklich eine aufsichtsrechtliche Bestimmung im Sinne von Art. 33 Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG) dar? Philipp Haberbeck vertieft diese Frage anhand des von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA am 17. Dezember 2015 gegen sechs ehemalige Manager und Händler des UBS-Devisen- und Edelmetallgeschäftes verhängten Berufsverbots (vgl. dazu Philipp Haberbeck, Das Tatbestandselement der Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen in den Art. 33–35 FINMAG, in: Jusletter 2. November 2015). Nach der Analyse des Autors ist Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG zu unbestimmt formuliert, um als aufsichtsrechtliche Bestimmung im Sinne von Art. 33 FINMAG dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot zu genügen.
Im öffentlichen Beschaffungswesen ist das Kriterium des Transports besonders umstritten: Einerseits können Art und Weise des Transports sowie der zurückgelegte Transportweg einen grossen Einfluss auf die CO2-Bilanz eines Beschaffungsprojekts ausüben und ein wirksames Instrument für den Schutz der Umwelt darstellen. Anderseits kann die Berücksichtigung von transportbedingten Faktoren zu einer Diskriminierung ortsfremder Anbieter führen. Vor diesem Hintergrund begrüssen Rolf H. Weber und Rika Koch, dass der Bund die Umweltvorschriften des geänderten Government Procurement Agreement (GPA) in der Revision des Schweizer Beschaffungsgesetzes berücksichtigen will.
Marc Steiner beschäftigt sich im Sinne eines Beitrages für die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit unterstützten Verwaltungsrechtspflegetagung in Astana (Kasachstan) vom 5. und 6. November 2015 mit der Schnittstelle zwischen Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht. Er behandelt die Vollstreckungsverfügung und deren Anfechtung im Schweizer Recht, die Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB die Vollstreckung von Geldforderungen der öffentlichen Hand sowie die Ersatzvornahme inkl. Auferlegung der durch die Vollstreckung entstehenden Kosten.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
| | | INHALTSVERZEICHNIS | Urteilsbesprechungen | › | Andrea Eisner-Kiefer, Indizierende Umstände: Urteil des Bundesgerichts 4A_150/2015 vom 29. Oktober 2015 |
| Beiträge | › | David Equey, Résidences secondaires : de l’Initiative « Weber » à la législation et à la réglementation d’application | › | Philipp Haberbeck, Stellt das Gewährserfordernis gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG eine aufsichtsrechtliche Bestimmung im Sinne von Art. 33 FINMAG (Berufsverbot) dar? | › | Rolf H. Weber / Rika Koch, Berücksichtigung des Transports | › | Marc Steiner, Die Durchsetzung von Verfügungen nach schweizerischem Verwaltungsrecht |
| Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte | › | Jurius, Teilzeit-Erwerbstätige werden bei IV-Renten diskriminiert |
| Aus dem Bundesgericht | › | Jurius, St. Galler Polizei darf Angetrunkene im Appenzell kontrollieren | › | Jurius, Elternteil kann Unterhalt nicht für volljähriges Kind einfordern | › | Jurius, Lebenslängliche Freiheitsstrafe und Verwahrung |
| Medienmitteilungen | › | Jurius, Grenzüberschreitendes Geschäft mit US-Kunden |
| Rechtsprechungsübersicht | › | Jurius, Übersicht über die Rechtsprechung des Bundesgerichts und des EGMR (Dezember 2015 – Januar 2016 |
| Vorschau |
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| | Résidences secondaires : de l’Initiative « Weber » à la législation et à la réglementation d’application | Am 1. Januar 2016 traten das Bundesgesetz und die Verordnung über Zweitwohnungen in Kraft. Diese Gesetzestexte definieren die Bedingungen für die Umsetzung des Art. 75b BV, welcher vom Volk und den Kantonen am 11. März 2012 angenommen wurde. Sie sehen weitere Ausnahmen vor für bestehende Wohnungen, Neubauten und denkmalgeschützte Gebäude. Es fehlt jedoch zuweilen an Klarheit. Der Beitrag zielt darauf ab, einige Präzisierungen angesichts der vorbereitenden Arbeiten und gefällten Urteilen zu Art. 75b BV und der Übergangsverordnung vom 22. August 2012 zu machen. (sts)
| Beitragsarten: Beiträge | Rechtsgebiete: Bau- und Raumplanungsrecht. Bodenrecht | |
| | Philipp Haberbeck | |
| | Stellt das Gewährserfordernis gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG eine aufsichtsrechtliche Bestimmung im Sinne von Art. 33 FINMAG (Berufsverbot) dar? | Art. 33 Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG) «Berufsverbot» enthält selbst keine konkrete Verhaltensvorschrift, sondern sanktioniert «eine schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen». Entsprechend ist unter dem Gesichtswinkel des Bestimmtheitsgebotes die jeweilige aufsichtsrechtliche Bestimmung darauf hin zu prüfen, ob sie ausreichend präzise formuliert ist. Nach in diesem Beitrag dargelegter Auffassung ist dies bezüglich der Gewährsbestimmung von Art. 3 Abs. 2 lit. c Bankengesetz (BankG) nicht der Fall, womit es sich nach Auffassung des Autors beim Gewährsartikel nicht um eine aufsichtsrechtliche Bestimmung im Sinne von Art. 33 FINMAG handelt.
| Beitragsarten: Beiträge | Rechtsgebiete: Bankrecht, Aufsichtsrecht, Bankrecht | |
| | Rolf H. Weber / Rika Koch | |
| | Berücksichtigung des Transports | Die Möglichkeit, transportbezogene Umweltkriterien im öffentlichen Beschaffungswesen zu berücksichtigen, ist bisher rechtlich kaum geklärt: Werden in der Ausschreibung umweltschonende Transportarten bevorzugt, lässt sich damit zwar ein Umweltschutzbeitrag leisten, doch verletzt dies allenfalls das Diskriminierungsverbot des Government Procurement Agreement (GPA) der Welthandelsorganisation (WTO). Der Beitrag beleuchtet diese Kontroverse und zeigt den Spielraum auf, den die Schweiz mit der Revision des GPA 2012 für die Berücksichtigung von transportbezogenen Umweltkriterien im Beschaffungswesen gewonnen hat.
| Beitragsarten: Beiträge | Rechtsgebiete: Öffentliches Recht, Energie- und Umweltrecht, Vergaberecht | |
| | Marc Steiner | |
| | Die Durchsetzung von Verfügungen nach schweizerischem Verwaltungsrecht | Der Beitrag beschäftigt sich mit dem selten gewählten Thema der Vollstreckung an der Schnittstelle zwischen Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht. Besondere Bedeutung wird dem Rechtsschutz gegen Vollstreckungsverfügungen und gegen Anordnungen beigemessen, welche mit einer Strafdrohung gemäss Art. 292 StGB verbunden werden. In Bezug auf die Vollstreckung nach SchKG wird aus aktuellem Anlass (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-3700/2015 vom 16. Oktober 2015) vor allem der Unterschied zur Vollstreckung vertraglicher Forderungen der öffentlichen Hand hervorgehoben.
| Beitragsarten: Beiträge | Rechtsgebiete: Verwaltungsrecht, Verwaltungsverfahren, Strafrecht, SchKG | |
| EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE | | | Jurius | | Teilzeit-Erwerbstätige werden bei IV-Renten diskriminiert | EGMR – Teilzeit-Verdienende sind bei der Zusprache von IV-Renten diskriminiert. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg festgestellt. Er beurteilte den Fall einer Mutter, welcher nach der Geburt von Zwillingen eine IV-Rente verweigert worden war. (Urteil 7186/09) | Beitragsarten: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte | Rechtsgebiete: EMRK, Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung | |
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| › | Gion Giger, Bundesverwaltungsgericht hebt die Verfügung der WEKO in Sachen Altimum SA («Bergsportartikel») auf Urteil B-5685/2012 vom 17. Dezember 2015 |
| › | Andreas Dudli, Teilnahmerecht der beschuldigten Person im Strafverfahren Urteil 6B_492/2015 vom 2. Dezember 2015, zur Publikation vorgesehen |
| › | Andreas Dudli, Die Anscheinsbevollmächtigung bei juristischen Personen Urteil 4A_710/2014 vom 3. Juli 2015, publiziert als BGE 141 III 289 |
| › | Claude Ehrensperger, Bundesgerichtsentscheid im Swap-Fall Urteil 2C_364/2012 vom 5. Mai 2015, zur Publikation vorgesehen |
| › | Andreas Dudli, Die Zulässigkeit der Abtrennung von Verfahren gem. Art. 30 StPO Urteil 1B_187/2015 vom 6. Oktober 2015 |
| Der dRSK umfasst Rechtssprechungskommentare von über 100 Spezialisten auf mehr als 30 Rechtsgebieten. Die Volltexte finden Sie (passwortgeschützt) sowohl im dRSK als auch im Informations- und Rechercheportal Push-Service Entscheide. Abonnenten erhalten jeweils am 3. Kalendertag im Monat per E-Mail die Monatsübersicht der Online-Zeitschrift dRSK.
ISSN 1663-9995, Editions Weblaw. | |
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| | | | AUS DEM BUNDESGERICHT | | | Jurius | | St. Galler Polizei darf Angetrunkene im Appenzell kontrollieren | BGer – Die St. Galler Polizei darf angetrunkene Automobilisten auch ausserhalb des Kantonsgebiets kontrollieren und sie zu einer Blutabnahme bringen. Ein so erhobener Beweis darf vor Gericht verwendet werden. Dies hat das Bundesgericht entschieden und einen Freispruch des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden aufgehoben. (Urteil 6B_553/2015) | Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht | Rechtsgebiete: Strafrecht, Strafprozessrecht | |
| | Jurius | | Elternteil kann Unterhalt nicht für volljähriges Kind einfordern | BGer – Ausstehende Unterhaltsbeiträge für ein Kind müssen vom obhutsberechtigten Elternteil eingefordert werden, bevor das Kind volljährig wird. Dies hat das Bundesgericht im Fall einer Mutter entschieden, die ihren Ex-Mann auf rund 21’000 Franken betrieb. (Urteil 5A_984/2014) | Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht | Rechtsgebiete: SchKG, Familienrecht. Eherecht | |
| | Jurius | | Lebenslängliche Freiheitsstrafe und Verwahrung | BGer – Die Verurteilung eines Täters zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe schliesst die gleichzeitige Anordnung einer Verwahrung nicht aus. (Urteil 6B_513/2015) | Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht | Rechtsgebiete: Strafprozessrecht, Strafen und Massnahmen. Pönologie, Freiheitsentziehende Sanktionen | |
| MEDIENMITTEILUNGEN | | | Jurius | | Grenzüberschreitendes Geschäft mit US-Kunden | Zwischen 2010 und 2011 führte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA ein Enforcementverfahren gegen die Bank Julius Bär & Co. AG. Gegenstand des Verfahrens war das grenzüberschreitende Finanzdienstleistungsgeschäft der Bank mit US-Privatkunden. | Beitragsarten: Medienmitteilungen | Rechtsgebiete: Aufsichtsrecht, Bankrecht | |
| RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT | | | Jurius | | Übersicht über die Rechtsprechung des Bundesgerichts und des EGMR (Dezember 2015 – Januar 2016 | Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Dezember 2015 bis und mit 16. Januar 2016 sowie die Urteile des EGMR mit Beteiligung der Schweiz auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Mitteilung bzw. Besprechung in Jusletter und im dRSK wiedergegeben. | Beitragsarten: Rechtsprechungsübersicht | Rechtsgebiete: Publikationen | |
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| | | Jusletter 15. Februar 2016 |
› | Andreas Martens, Gesundheitsmassnahmen bei Verzicht auf Arbeitszeiterfassung: Anforderungen aus arbeitswissenschaftlicher Sicht | › | Sarah Biayi, Recherche de la vérité vs. secret médical lors de l’instruction pénale | › | Luca Cirigliano, Die Reform der Arbeitszeiterfassungs-Pflicht nach Art. 73a ArGV1 | › | Andrea Opel, Fischen in trüben Gewässern – rechtsstaatlich fragwürdige Gruppenauskünfte an die Niederlande | › | Roland Pfäffli, Rezension: Gesellschafts- und Handelsrecht | Hinweis: Die Vorschau weist jeweils auf einige in der nächsten Ausgabe erscheinende Beiträge hin. Änderungen bleiben vorbehalten. |
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