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JUSLETTER 3. NOVEMBER 2014

Liebe Leserinnen und Leser

Können Abtretungsgläubiger im Sinne von Art. 260 SchKG zur adhäsionsweisen Geltendmachung abgetretener Ansprüche beschwerdelegitimiert sein? Mit dieser und weiteren Fragestellungen musste sich das Bundesgericht im Urteil vom 1. September 2014 auseinandersetzen. Laut Damian K. Graf hat das Bundesgericht hierbei in seiner Begründung zwingende Regeln des Adhäsionsprozesses ausser Acht gelassen. Es könne nämlich allein darauf ankommen, ob sich die Adhäsionsforderung als materieller Anspruch der geschädigten Gesellschaft darstelle. Wird dies bejaht, kann sie in Übereinstimmung mit den zivilprozessualen Grundsätzen auch durch Prozessführungsberechtigte und Prozessstandschafter durchgesetzt werden.

In einem weiteren Urteil – vom 15. September 2014 – bestätigte das Bundesgericht, dass kein Anspruch für Männer auf Elternzeitentschädigung gestützt auf das Bundesgesetz über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft besteht. Michael E. Meier kommentiert in gebotener Kürze den Entscheid und stimmt diesem hinsichtlich der grundsätzlichen Unterscheidung von Mutterschafts- und Elternurlaub zu.

Für den Abschluss eines Mietvertrags ist keine besondere Form vorgeschrieben. In der Praxis wird der Mietvertrag regelmässig schriftlich abgefasst. Soll der Mietvertrag im Grundbuch vorgemerkt werden, so ist die schriftliche Form notwendig. Zu der Wirkung solcher im Grundbuch vorgemerkter Mietverträge äussern sich Roland Pfäffli und Mascha Santschi Kallay.

Peter Studer schliesslich fasst die Hauptaussagen der Studie der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK), welche im Auftrag des Bundesrats ihre «Beobachtungen» mit Schwergewicht «auf die Lage der abonnierten Tagespresse» am 5. September 2014 vorstellte, zusammen. Er kommentiert die Studie sowie die bereits öffentlich geäusserte Kritik pointiert.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.

Anna Steger
Leiterin Jusletter Suisse Romande
Simone Kaiser
Verlagsleiterin Editions Weblaw
INHALTSVERZEICHNIS
Urteilsbesprechungen
› Damian K. Graf, Geschädigtenstellung und vertretungsweise Geltendmachung von Zivilforderungen im Strafprozess
› Michael E. Meier, Kein Anspruch des Vaters auf Mutterschaftsentschädigung nach Art. 16b EOG

Beiträge
› Roland Pfäffli / Mascha Santschi Kallay, Die Wirkung des im Grundbuch vorgemerkten Mietvertrags

Essay
› Peter Studer, Medienförderung: Analyse, Empfehlungen – und ein Chor von Kritikern

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
› Jurius, Unschuldsvermutung verletzt: Schweiz verurteilt

Aus dem Bundesgericht
› Jurius, Obwaldner Schule hat Lehrer zu Recht fristlos entlassen
› Jurius, Sexuelle Handlungen mit Enkelin
› Jurius, Hoher Beamter wegen sexueller Nötigung verurteilt

Aus dem Bundesverwaltungsgericht
› Jurius, Adaptation de Tarmed : échec des recours
› Jurius, Keine Haftung der Engadin Airport AG
› Jurius, Kein Erfolg für Schadensersatzforderung wegen mangelnder Aufsicht

Medienmitteilungen
› Jurius, FINMA rügt Bank Coop wegen Marktmanipulation
› Jurius, Freier Marktzugang für gewerbsmässige Gläubigervertretung
› Jurius, Kulturgüterschutzgesetz ab 1. Januar 2015 in Kraft
› Jurius, Gefahrguttransporte durch Strassentunnel

Gesetzgebungsübersicht
› Jurius, Verzeichnis der auf November 2014 in Kraft getretenen Erlasse des Bundes

Vorschau
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› dRSK (Digitaler Rechtsprechungs-Kommentar): Monatsübersicht Oktober 2014, Ausgabe 41

› Jusletter Schwerpunkt-Ausgabe: Energierecht.

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URTEILSBESPRECHUNGEN
Damian K. Graf
Geschädigtenstellung und vertretungsweise Geltendmachung von Zivilforderungen im Strafprozess
In einem unlängst erschienenen Urteil war das Bundesgericht mit zwei Problemfeldern konfrontiert: 1. Unter welchen Voraussetzungen sind Gläubiger geschädigt i.S.v. Art. 115 Abs. 1 StPO? 2. Können Abtretungsgläubiger i.S.v. Art. 260 SchKG in einem Strafverfahren, in dem sich die konkursite Gesellschaft als geschädigte Person konstituiert, den abgetretenen Zivilanspruch adhäsionsweise geltend machen – selbst wenn sie selber nicht geschädigt sind? Während das Bundesgericht die erste Frage korrekt beantwortet hat, bewirken die rechtlichen Ausführungen zur zweiten Konstellation, zu der das Bundesgericht erstmals substantiell Stellung nimmt, unhaltbare Friktionen mit der Natur des Adhäsionsprozesses.
Beitragsarten: Urteilsbesprechungen
Rechtsgebiete: Strafprozessrecht, SchKG

Michael E. Meier
Kein Anspruch des Vaters auf Mutterschaftsentschädigung nach Art. 16b EOG
Das Bundesgericht verneinte in seinem Leitentscheid den Anspruch des Vaters auf Erwerbsersatz bzw. bezahlten Urlaub nach der Geburt seines Kindes. Der Anspruch sei nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes auf die Mutter beschränkt. Die Ungleichbehandlung sei zudem nicht diskriminierend, weil die Anknüpfung der Mutterschaftsentschädigung am Geschlecht der Mutter biologische Gründe habe und deshalb mit Art. 8 Abs. 3 BV vereinbar sei.
Beitragsarten: Urteilsbesprechungen
Rechtsgebiete: Gleichheit von Frau und Mann, Wirtschaftliche u. soziale Rechte, Sozialversicherungsrecht
BEITRÄGE
Roland Pfäffli / Mascha Santschi Kallay
Die Wirkung des im Grundbuch vorgemerkten Mietvertrags
Beim Eigentumsübergang an einem Grundstück geht ein Mietvertrag von Gesetzes wegen auf den Erwerber über. Ist der Mietvertrag zudem im Grundbuch vorgemerkt, kann der Erwerber keinen dringenden Eigengebrauch geltend machen.
Beitragsarten: Beiträge
Rechtsgebiete: Besitz. Grundbuch, Miet- und Pachtrecht
ESSAY
Peter Studer
Medienförderung: Analyse, Empfehlungen – und ein Chor von Kritikern
Am 5. September 2014 hat die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) im Auftrag des Bundesrats ihre «Beobachtungen» mit Schwergewicht «auf die Lage der abonnierten Tagespresse» vorgestellt. Sie gibt auch Handlungsempfehlungen ab. Die 14köpfige Kommission mit Mitgliedern aus allen Bereichen der Medienbranche will nach anderthalbjähriger Tätigkeit damit «zur Diskussion über Medienförderung» beitragen. Das ist ihr auch gelungen, nur war der Ton der veröffentlichten Kritik gerade in grösseren Zeitungen und Medienblogs überraschend negativ. Der Beitrag gibt einige leicht gestraffte Hauptaussagen der EMEK-Studie und dazu öffentlich formulierte Kritikpunkte wieder; der Autor ergänzt diese mit aus externen oder vom Verfasser stammenden Kommentaren.
Beitragsarten: Essay
Rechtsgebiete: Medienrecht
EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE
Jurius
Unschuldsvermutung verletzt: Schweiz verurteilt
EGMR – Die Schweiz hat im Falle eines katholischen Priesters, der des sexuellen Missbrauchs von Abhängigen verdächtigt war, das Recht auf ein faires Verfahren nach Europäischer Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt. Die Schweiz muss dem Priester Schmerzensgeld zahlen und einen Teil der Verfahrenskosten übernehmen. (Urteil 60101/09)
Beitragsarten: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Rechtsgebiete: EMRK
AUS DEM BUNDESGERICHT
Jurius
Obwaldner Schule hat Lehrer zu Recht fristlos entlassen
BGer – Die fristlose Entlassung eines Sportlehrers, der im Kanton Obwalden seine Klasse beim Unterricht filmte, war nicht willkürlich. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Das Vorgehen des Lehrers habe nicht länger toleriert werden müssen. (Urteil 8C_340/2014)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Öffentliches Dienstrecht

Jurius
Sexuelle Handlungen mit Enkelin
BGer – Ein Grossvater, der seine vierjährige Enkelin missbraucht hat, ist vom Bundesgericht definitiv für schuldig befunden worden. Der Mann hatte seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt gesehen, weil er bei einer ersten Videobefragung nicht habe dabei sein dürfen. (Urteil 6B_839/2013)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Straftaten gegen die Sittlichkeit

Jurius
Hoher Beamter wegen sexueller Nötigung verurteilt
BGer – Ein ehemaliger französischer Beamter ist vom Bundesgericht definitiv der sexuellen Nötigung seiner Tochter schuldig gesprochen worden. Das Gericht bestätigte die Strafe der zweiten Instanz von zwei Jahren auf Bewährung. (Urteile 6B_189/2014 und 6B_195/2014)
Beitragsarten: Aus dem Bundesgericht
Rechtsgebiete: Straftaten gegen die Sittlichkeit
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AGENDA
Besser informiert sein über juristische Events, Aus- und Weiterbildungen.
› 19.11.2014 / Weiterbildungszentrum Holzweid, Universität St.Gallen,
Kundenorientierung im Rechtsmarkt

› 23.04.2015 / Zunfthaus zum Rüden, Zürich,
Regulation and Strategy in Global Banking

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dRSK
Zuletzt wurden im dRSK folgende Beiträge publiziert:
› Jonas Achermann, Zum Haftgrund der Wiederholungsgefahr
Urteil 1B_103/2013 vom 27. März 2013

Der dRSK umfasst Rechtssprechungskommentare von über 100 Spezialisten auf mehr als 30 Rechtsgebieten. Die Volltexte finden Sie (passwortgeschützt) sowohl im dRSK als auch im Informations- und Rechercheportal Push-Service Entscheide. Abonnenten erhalten jeweils am 3. Kalendertag im Monat per E-Mail die Monatsübersicht der Online-Zeitschrift dRSK.
ISSN 1663-9995, Editions Weblaw.
AUS DEM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
Jurius
Adaptation de Tarmed : échec des recours

BVGer – Der Verein H+ sowie 103 Krankenhäuser, welche gegen die jüngsten Anpassungen von Tarmed vorgegangen sind, waren erfolglos. Das Bundesverwaltungsgericht trat auf die Beschwerde nicht ein. (Urteil C-4168/2014) (sk)

Beitragsarten: Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Rechtsgebiete: Sozialversicherungsrecht

Jurius
Keine Haftung der Engadin Airport AG
BVGer – Am 19. Dezember 2010 stürzte ein Flugzeug im Landeanflug auf den Flughafen Samedan ab. Die beiden Piloten (die einzigen Insassen) kamen dabei ums Leben. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerden des Vaters und der Berufsunfallversicherung eines der Piloten gegen eine Verfügung der Engadin Airport AG als Betreiberin des Flughafens abgewiesen. (Urteile A-4925/2013 und A-7102/2013)
Beitragsarten: Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Rechtsgebiete: Staats- und Beamtenhaftungsrecht, Luftfahrt

Jurius
Kein Erfolg für Schadensersatzforderung wegen mangelnder Aufsicht
BVGer – Die verstorbene Gründerin der wohltätigen Hirzel-Callegari-Stiftung hat auf ihren Bankkonten Schwarzgeld in der Höhe von 23 Millionen Franken hinterlassen. Ein Teil davon floss mit Einverständnis der Bundesbehörden an den ehemaligen Stiftungspräsidenten, was das Bundesverwaltungsgericht nicht beanstandet. (Urteil A-798/2014)
Beitragsarten: Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Rechtsgebiete: Staats- und Beamtenhaftungsrecht, Schaden. Schadenersatz
MEDIENMITTEILUNGEN
Jurius
FINMA rügt Bank Coop wegen Marktmanipulation
Die Bank Coop hat zwischen 2009 und 2013 den Börsenkurs der eigenen Inhaberaktien manipuliert. Damit verstiess sie in schwerer Weise gegen das aufsichtsrechtliche Verbot der Marktmanipulation und gegen ihre Gewährs- und Organisationspflichten. Die FINMA macht der Bank Coop Auflagen und erlässt gegen den ehemaligen CEO ein Berufsverbot. Sie anerkennt die unterdessen von der Bank Coop getroffenen Massnahmen.
Beitragsarten: Medienmitteilungen
Rechtsgebiete: Bankrecht, Aufsichtsrecht

Jurius
Freier Marktzugang für gewerbsmässige Gläubigervertretung
Der Bundesrat will gewerbsmässigen Gläubigervertretungen den freien Zugang zum Markt in der ganzen Schweiz gewährleisten. Er hat am 29. Oktober 2014 die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs verabschiedet.
Beitragsarten: Medienmitteilungen
Rechtsgebiete: SchKG

Jurius
Kulturgüterschutzgesetz ab 1. Januar 2015 in Kraft
Der Bundesrat hat beschlossen, das totalrevidierte Kulturgüterschutzgesetz (KGSG) auf den 1. Januar 2015 in Kraft zu setzen. Auf den gleichen Zeitpunkt tritt die Totalrevision der Kulturgüterschutzverordnung (KGSV) in Kraft, die der Bundesrat am 29. Oktober 2014 genehmigt hat.
Beitragsarten: Medienmitteilungen
Rechtsgebiete: Kultur. Kunst

Jurius
Gefahrguttransporte durch Strassentunnel
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Oktober 2014 die Verkehrsbeschränkungen für Gefahrguttransporte durch Schweizer Strassentunnel angepasst. Bei sieben Nationalstrassentunnel entfallen die bisher geltenden Beschränkungen, bei zwei Tunnel auf dem Kantonsstrassennetz wird die Beförderung gefährlicher Güter eingeschränkt. Am Gotthard und auf den anderen Alpentransitachsen müssen gefährliche Güter weiterhin auf der Schiene transportiert werden. Die Änderungen treten am 1. Januar 2015 in Kraft.
Beitragsarten: Medienmitteilungen
Rechtsgebiete: Strassenverkehrsrecht
GESETZGEBUNGSÜBERSICHT
Jurius
Verzeichnis der auf November 2014 in Kraft getretenen Erlasse des Bundes
Die Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im November 2014 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.
Beitragsarten: Gesetzgebungsübersicht
Rechtsgebiete: Publikationen
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› 06.10.14G & S PROF. GIGER & DR. SIMMEN
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Jusletter 10. November 2014
Schwerpunkt-Ausgabe: Cybercrime
› Marko Spasojevic, Phénomènes cybercriminels – Descriptions et réponses juridiques
› Koumba Koné, Cybercriminalité : évolution législative et jurisprudentielle, le cas de la France
› Sandra Schweingruber, Cybercrime-Strafverfolgung im Konflikt mit dem Territorialitätsprinzip
› François Charlet / Cédric Bocquet, De l’application de la LSCPT aux fournisseurs de services de VoIP
› Sandra Muggli, Zusammenfassung der Arbeitstagung für Staatsanwälte und Ermittlungsleiter zum Thema «Bekämpfung der Pornographie und sexuellem Missbrauch Minderjähriger im Internet»

Hinweis: Die Vorschau weist jeweils auf einige in der nächsten Ausgabe erscheinende Beiträge hin.
Änderungen bleiben vorbehalten.


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