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Jusletter 18. Oktober 2010

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Liebe Leserinnen und Leser

 

Das UBS-Amtshilfeabkommen zwischen der Schweiz und den USA hat hinsichtlich der Voraussetzung der amtshilfefähigen Steuerdelikte in den Medien und in juristischen Kreisen bereits vor seinem Inkrafttreten und nach dem ersten Entscheid durch das Bundesverwaltungsgericht vom 19. August 2009 für viele Diskussionen gesorgt  (vgl. z.B. auch Cottier / Matteotti, Die UBS-Amtshilfeabkommen zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten: Direkt anwendbare Kriterien zur Beurteilung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, in: Jusletter 23. November 2009; dieselben, Der Grundsatzentscheid des Bundesverwaltungsgerichts zum UBS-Amtshilfeabkommen, in: Jusletter 8. März 2010).

Nun hatte sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. Juli 2010 erneut mit dem Staatsvertrag zu befassen. Es nahm u.a. zur Frage der Berechnung von Kapitalgewinnen Stellung. Bernhard Lötscher und Dr. Axel Buhr legen dar, warum sie das Ergebnis des Gerichts insbesondere in Bezug auf die Voraussetzung des begründeten Verdachts auf «Betrugsdelikte und dergleichen» für unhaltbar halten.

Die Teilrevision des AT StGB hat das Vollzugsrecht von Freiheitsstrafen stark geändert. Die Kompetenzen, nach dem Inkrafttreten des Strafurteils Entscheidungen zu treffen, wurden zwischen verschiedenen kantonalen Behörden aufgeteilt. Aurélie Magne beschreibt die Formen der gerichtlichen Kontrolle der Vollstreckung von Strafen, bewertet diese und zeigt mögliche Entwicklungen auf.

Grundsätzliche Bemerkungen zum Urteil des Bundesgerichts vom 28. Oktober 2008 zur Ungewöhnlichkeitsregel von AGB-Klauseln bringt PD Dr. Christoph Lüscher an. Er stellt das Urteil und dessen Begründung vor und zeigt detailliert auf, warum die Argumentation des Gerichts seiner Ansicht nach nicht überzeugt.

Nur eine Substitution im Interesse des Auftraggebers rechtfertigt eine Beschränkung der Haftung des Beauftragten. PD Dr. Arnold F. Rusch legt die Unterscheidung zwischen Hilfsperson und Substituten dar und geht der Frage nach, welche Bedeutung dem Direktanspruch nach Art. 399 Abs. 3 OR zukommt.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.

Simone Kaiser
Simone Kaiser Sarah Montani
Leiterin Jusletter Mitinhaberin Weblaw AG
 Inhaltsverzeichnis
 
Wissenschaftliche Beiträge
Bernhard Lötscher / Axel Buhr, Kann ein fingierter Verdacht auf «Betrugsdelikte und dergleichen» Amtshilfegrundlage in Steuersachen sein?
Aurélie Magne, La judiciarisation de l’exécution des peines et mesures privatives de liberté pour les adultes en droit suisse
Christoph Lüscher, «Gewöhnliches» zur Ungewöhnlichkeitsregel oder «Ungewöhnliches Gewöhnliches»?
   
Kurzbeiträge
Arnold F. Rusch, Hilfsperson, Substitut und Direktanspruch
   
Aus dem Bundesgericht
Jurius, Auch bei kurzer Ehezeit besteht Anspruch auf einen Anteil der 2. Säule
Jurius, Lohndiskriminierung bei Hebammen und Krankenschwestern
Jurius, Handschellen zu eng eingestellt – Polizist verurteilt
Jurius, Hooligan-Konkordat: Bundesgericht gibt grünes Licht für Massnahmen
Jurius, Video-Überwachung: Berner Echtzeit-Überwachung ist zulässig
Jurius, Parkbusse – Frau mit Erinnerungslücke erfolglos
   
Pressemitteilungen
Jurius, Bundesrat setzt revidiertes Finanzhaushaltgesetz in Kraft
Jurius, Bundesrat verabschiedet Zusatzbotschaft zur Regierungsreform
Jurius, Bundesrat genehmigt Überstellungsvertrag mit Peru
Jurius, SGK-N: Nationalratskommission für Bussen gegen Kiffer
Jurius, UREK-N: Strengere Grenzwerte für den CO2-Ausstoss von Autos

 


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Wissenschaftliche Beiträge

Bernhard Lötscher / Dr. Axel Buhr
Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich im Urteil vom 15. Juli 2010 erneut mit der Amtshilfe in Sachen UBS AG zu befassen. Es nahm u.a. zur Frage Stellung, wie die Bestimmung des betreffenden Staatsvertrags zu verstehen ist, Kapitalgewinne seien als 50% der erzielten Bruttoerlöse aus Wertschriftenverkäufen zu berechnen. Das Bundesverwaltungsgericht kam zum Schluss, die vertragliche Berechnungsmethode begründe eine unwiderlegbare gesetzliche Fiktion. Die Autoren halten dieses Ergebnis für unzutreffend. Es ist insbesondere mit der Vorgabe des Staatsvertrags, wonach Amtshilfe einen begründeten Verdacht auf «Betrugsdelikte und dergleichen» voraussetzt, unvereinbar.
Rechtsgebiete: Steuerrecht; Europarecht und Internationales Recht; Internationale Rechtshilfe
deutsch, ca. 5153 Wörter

Aurélie Magne
Die Teilrevision des AT StGB hat das Vollzugsrecht von Freiheitsstrafen stark geändert. Die Kompetenzen, nach dem Inkrafttreten des Strafurteils Entscheidungen zu treffen, wurden zwischen verschiedenen kantonalen Behörden aufgeteilt. Manche Entscheidungen sind obligatorisch von einer gerichtlichen Behörde zu treffen. Andere Entscheidungen hingegen sind nur fakultativ von einer gerichtlichen Behörde zu treffen. Nur vier lateinische Kantone haben sich entschieden, auch diese Gruppe von Entscheiden einer neuen spezialisierten gerichtlichen Behörde, dem Strafvollzugsgericht, zuzuweisen. Die Autorin beschreibt die Formen der gerichtlichen Kontrolle der Vollstreckung von Strafen, bewertet diese und zeigt mögliche Entwicklungen auf. (bb)
Rechtsgebiete: Strafen und Massnahmen. Pönologie; Strafrecht Schweiz Allgemeiner Teil
französisch, ca. 12688 Wörter

PD Dr. Christoph Lüscher, MAES
Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts vom 28. Oktober 2008 überrascht vor allem in zweierlei Hinsicht: einerseits bezüglich der ungewöhnlich «kurvigen» Argumentationslinie, welche die von höchstrichterlichen Entscheiden erwartete argumentative Stringenz enttäuscht, und andererseits hinsichtlich der ungewöhnlich erscheinenden Erkenntnis, dass für die Begründung eines im geltenden Recht nicht vorgesehenen (Gestaltungs-)Rechts die «allgemeine Erwartungshaltung» einer Partei konstitutiv sein soll. Dem Autor zufolge findet diese an die tradierte Schuldrechtsdogmatik nur dann Anschluss, wenn das vorliegende Urteil als (weiterer) Schritt rechtsfortbildender «Materialisierung» des Privatrechts verstanden wird. Aber auch dann kann dieses dogmatisch nicht überzeugen.
Rechtsgebiete: OR besonderer Teil
deutsch, ca. 9913 Wörter

Kurzbeiträge

PD Dr. Arnold F. Rusch
Bei der Substitution im Interesse des Beauftragten gibt es kein Haftungsprivileg nach Art. 399 Abs. 2 OR. Mehrere Autoren analysieren die Interessenlage nicht erst bei der Frage nach dem Haftungsprivileg, sondern schon bei der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Hilfsperson und Substitut. Diese scheinbare Vereinfachung führt jedoch zum Wegfall des Direktanspruchs gemäss Art. 399 Abs. 3 OR. Der Autor geht in den nachfolgenden Erwägungen der Frage nach, welche Unterscheidung den Vorzug verdient, indem er die Bedeutung des Direktanspruchs analysiert.
Rechtsgebiete: Obligationenrecht; Auftrag
deutsch, ca. 3937 Wörter

Aus dem Bundesgericht

Jurius
BGer – Trotz kurzer ehelicher Zweisamkeit hat eine Frau bei der Scheidung Anrecht auf die Hälfte der zweiten Säule ihres Ehemannes. Das Bundesgericht hat ein Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft aufgehoben. (BGE 5A_304/2010)
Rechtsgebiete: Eheschliessung. Auflösung der Ehe; Sozialversicherungsrecht
deutsch, ca. 174 Wörter

Jurius
BGer – Das St. Galler Verwaltungsgericht muss vertieft prüfen, ob der Kanton Hebammen und Krankenschwestern aus geschlechtsspezifischen Gründen tiefer entlöhnt. Laut Bundesgericht kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Diskriminierung vorliegt. (BGE 8C_78/2009)
Rechtsgebiete: Gleichheit von Frau und Mann
deutsch, ca. 152 Wörter

Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat das Urteil des Neuenburger Kantonsgerichts gegen einen Neuenburger Polizisten wegen fahrlässiger Körperverletzung bestätigt. Der Polizist hatte einem Mann zu enge Handschellen angelegt. (Urteil 6B_459/2010)
Rechtsgebiete: Straftaten gegen Leib und Leben
deutsch, ca. 161 Wörter

Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat die im Hooligan-Konkordat vorgesehenen Massnahmen abgesegnet. Laut Gericht ist insbesondere der vorsorgliche Polizeigewahrsam gegen unbelehrbare Gewalttäter mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar. In dem auf 2010 in Kraft getretenen Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt bei Sportveranstaltungen sind als Mittel im Kampf gegen Hooligans Rayonverbote, Meldepflichten und Polizeigewahrsam vorgesehen. Zusätzlich wird der Polizei erlaubt, die Namen von Gewalttätern an Klubs und Stadionbetreiber weiterzuleiten. (Öffentliche Beratung im Verfahren 1C_428/2009)
Rechtsgebiete: Polizei- und Ordnungsrecht; EMRK
deutsch, ca. 287 Wörter

Jurius
BGer – Die vom Berner Regierungsrat erlaubte Live-Videoüberwachung an deliktexponierten Orten stellt laut Bundesgericht kein Problem dar. Das Gericht hat die Beschwerde der Grünen und der SP des Kantons Bern abgewiesen. (Öffentliche Beratung im Verfahren 1C_315/2009)
Rechtsgebiete: Polizei- und Ordnungsrecht
deutsch, ca. 280 Wörter

Jurius
BGer – Eine Fahrzeughalterin muss eine Parkbusse über 40 Franken bezahlen, obwohl sie sich angeblich nicht mehr daran erinnern kann, ob sie selber oder ihr Ehegatte den Wagen abgestellt hat. Der Gang der Bündnerin vors Bundesgericht ist erfolglos geblieben.
Rechtsgebiete: Strassenverkehrsrecht
deutsch, ca. 244 Wörter


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Pressemitteilungen

Jurius
Der Bundesrat hat am 13. Oktober 2010 die Änderung des Finanzhaushaltgesetzes (FHG) per 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt. Zugleich hat er die Finanzhaushaltverordnung punktuell geändert. Dies führt zu kleineren Anpassungen in den Bereichen Rechnungslegung, gewerbliche Leistungen sowie Inkasso und Prozessführung.
Rechtsgebiete: Staatsorganisation und Behörden
deutsch, ca. 105 Wörter

Jurius
Mit der Verlängerung der Amtsdauer des Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin, dem Einsatz zusätzlicher Staatssekretäre und Staatssekretärinnen sowie einer optimierten Vorbereitung und Durchführung von Regierungssitzungen will der Bundesrat die Regierungstätigkeit stärken. Dies schlägt er in seiner am 13. Oktober 2010 verabschiedeten Zusatzbotschaft zur Regierungsreform vor.
Rechtsgebiete: Staatsorganisation und Behörden
deutsch, ca. 603 Wörter

Jurius
Schweizerische und peruanische Strafgefangene können künftig ihre Haftstrafe im Heimatstaat verbüssen. Der Bundesrat hat am 13. Oktober 2010 einen Staatsvertrag zur Überstellung verurteilter Personen mit Peru genehmigt und die Ermächtigung zur Unterzeichnung erteilt. Da der Vertrag die Grundsätze des Europäischen Überstellungsübereinkommens übernimmt, kann er vom Bundesrat in eigener Kompetenz abgeschlossen werden.
Rechtsgebiete: Strafrecht international
deutsch, ca. 76 Wörter

Jurius
Kiffer sollen nicht mehr zwingend angezeigt werden. Künftig sollen sie nur noch eine Busse zahlen müssen. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) hat sich im Grundsatz für diesen Weg entschieden.
Rechtsgebiete: Betäubungsmittelstrafrecht; Strafen und Massnahmen. Pönologie
deutsch, ca. 240 Wörter

Jurius
Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) will bis ins Jahr 2015 die durchschnittlichen CO2-Emissionen von Fahrzeugen auf 130 g CO2/km senken. Damit soll in der Schweiz das gleiche Reduktionsziel angestrebt werden wie in der EU.
Rechtsgebiete: Energie- und Umweltrecht
deutsch, ca. 309 Wörter


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Vorschau

Jusletter 25. Oktober 2010

Philipp Wüest, Schranken der Verbandsgewalt gegenüber Sportlern am Beispiel des Kopftuchverbots im Basketball
Raluca Enescu, Influence de l’ordre de présentation des preuves sur le choix du verdict
Walter Fellmann, Nachmarktpflichten des Herstellers und des Importeurs nach dem PrSG
Alexandre Staeger / Philippe Meier, La surveillance des assurés en droit privé – Commentaire de l’Arrêt du TF 5A_57/2010 du 2 juillet 2010
Anne Peters, Das Kosovogutachten und die Kunst des Nichtssagens

Hinweis: Die Vorschau weist jeweils auf einige in der nächsten Ausgabe erscheinende Beiträge hin. Änderungen bleiben vorbehalten.

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