Jusletter 23. Juni 2008

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Liebe Leserinnen und Leser

Geldwäscherei wurde bisher vorwiegend als Problem im Bankensektor aufgefasst und bekämpft. Doch ist auch die Versicherungswirtschaft für die Einschleusung illegal erwirtschaftetet Vermögenswerde anfällig, wobei insbesondere Lebensversicherungsprodukte entsprechend eingesetzt werden können. Die Thematik ist umso aktueller, als dass sich mit der laufenden Teilrevision des Geldwäschereigesetzes und der bevorstehenden Einsetzung einer neuen Finanzmarktaufsicht wichtige Neuerungen in der Geldwäschereibekämpfung abzeichnen. Thomas Müller analysiert aus diesem Anlass die formellen Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei in der Versicherungswirtschaft.

Obwohl die Schweiz kein eigentliches Wirtschaftsstrafrecht kennt und bisher auch keine eindeutige Definition des Begriffs «Wirtschaftskriminalität» existiert, ist unbestritten, dass die Thematik hochaktuell ist und stetig an Relevanz gewinnt. Christian Weber wirft einen Blick auf die jüngste Vergangenheit und präsentiert anschliessend die aktuellen Entwicklungen im Wirtschaftsstrafrecht. In seinem Ausblick bejaht er die Frage nach gesetzgeberischem Handlungsbedarf und schlägt die Einführung eines Straftatbestands der Konkursverschleppung vor.

Erstmals seit Inkrafttreten des BGG hat sich das Bundesgericht in zwei kürzlich publizierten Urteilen zu wichtigen steuerharmonisierungsrechtlichen Verfahrensfragen geäussert: Einerseits geht es um die Beschwerdebefugnis der kantonalen Steuerbehörden und die Frage, ob diese vor Bundesgericht eine Verletzung von Verfassungsrecht rügen können. Andereseits wird die Anwendbarkeit von Art. 107 Abs. 2 BGG untersucht, welcher entgegen Art. 73 Abs. 3 StHG nebst Rückweisung an die Vorinstanz zur Neubeurteilung auch die Möglichkeit der Entscheidung durch das Bundesgericht selbst zulässt. RA Daniel de Vries vergleicht die aktuelle Praxis unter dem BGG mit der früheren Regelung des OG und kommentiert die Neuerungen.

Nachdem der Bundesrat im November 2006 eine Ergänzung des UWG zur expliziten Erfassung von Ambush-Marketing abgelehnt hat, stellt sich die Frage, wie mit solchen Praktiken anhand der geltenden Markenschutzbestimmungen umzugehen ist. Mark Lerach analysiert anlässlich der laufenden Fussball-Europameisterschaft die zentralen kennzeichenrechtlichen Fragen und vergleicht dazu die Entscheidungspraxis in Deutschland, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz.

Ich wünsche Ihnen spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche!

Freundliche Grüsse


Nils Güggi


 Inhaltsverzeichnis
 
Wissenschaftliche Beiträge
Thomas Müller, Formelle Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei in der Versicherungswirtschaft
   
Kurzbeiträge
Christian Weber, Aktuelle Entwicklungen im Wirtschaftsstrafrecht
Daniel de Vries Reilingh, Premières expériences de procédure sous la LTF en matière de droit fiscal harmonisé (LHID)
Mark Lerach, Markenschutz für die Euro 2008?
   
Aus den Bundesgerichten
Jurius, Unzulässige Sponsoren-Werbung mit Gründungsjahr
Jurius, Ehemaliger Präsident des FC Servette bleibt in Untersuchungshaft
Jurius, Kein Anruf von der Polizei vor dem Abschleppen
Jurius, Bundesgericht gewährt Reduktion der Kinderalimente
Jurius, Patient enfermé dans une chambre sécurisée après une fugue
Jurius, Nur beschränkter Markenschutz für «Post»
   
Pressemitteilungen
Jurius, Herausgabe der Salinas-Gelder an Mexiko
Jurius, EBK eröffnet Anhörung zu den Entwürfen der BEHV-FINMA und der UEV
Jurius, Änderungen des StGB zur lebenslangen Verwahrung ab 1. August 2008 in Kraft
Jurius, Übernahme der europäischen Richtlinie über die Diplomanerkennung
Jurius, Vernehmlassung zur Einführung biometrischer Ausweise
Jurius, Revision des Luftfahrtgesetzes geht in die Vernehmlassung
Jurius, SPK-S: Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an politische Parteien findet Zustimmung

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 Wissenschaftliche Beiträge

Thomas Müller
Die Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei wurden in der Vergangenheit hauptsächlich für den Bankenbereich dargestellt. Lebensversicherungsprodukte können jedoch auch zu Geldwäschereizwecken eingesetzt werden. Am 10. Oktober 1999 erliess das Bundesamt für Privatversicherungswesen die erste Verordnung über die Bekämpfung der Geldwäscherei. Diese Verordnung wurde ein erstes Mal am 24. Oktober 2006 totalrevidiert. Auf Grund der gegenwärtigen Beratung der Teilrevision des GwG durch die eidg. Räte ist damit zu rechnen, dass diese Verordnung in Kürze wieder angepasst wird. Zudem steht dem schweizerischen Finanzmarkt mit der neuen Finanzmarktaufsichtsbehörde eine wichtige Änderung bevor. Die externe Revisionsstelle eines Versicherungsunternehmens muss schliesslich erstmals für das Geschäftsjahr 2008 die Einhaltung der Sorgfaltspflichten prüfen. Im Folgenden wird das Augenmerk auf die formellen Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei in der Versicherungswirtschaft sowie auf die Praxisanwendung dieser Pflichten gelegt.
Rechtsgebiete: Wirtschaftsstrafrecht (UWG, Kartellgesetz, BankG, BEHG)
deutsch, ca. 13657 Wörter

 

 Kurzbeiträge

Christian Weber
Das Wirtschaftsstrafrecht muss sich den Gegebenheiten des modernen Wirtschaftslebens laufend anpassen und Veränderungen aufnehmen. Gerichte und Gesetzgeber sind ständig gefordert, der Wirtschaftskriminalität Einhalt zu gebieten. Der Autor gibt in den folgenden Ausführungen einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Wirtschaftsstrafrecht der Schweiz.
Rechtsgebiete: Wirtschaftsstrafrecht (UWG, Kartellgesetz, BankG, BEHG)
deutsch, ca. 8497 Wörter


Daniel de Vries Reilingh
In Folge des Inkrafttretens des BGG musste das Bundesgericht in zwei Entscheiden über verschiedene prozessrechtliche Fragen im harmonisierten Steuerrecht (StHG) urteilen. Nebst der Frage der Beschwerdebefugnis der kantonalen Steuerbehörden befand es darüber, ob diese Behörden sich neu über eine Verletzung der Bundesverfassung beschweren können und ob das Bundesgericht im Falle der Gutheissung der Beschwerde gemäss Art. 107 Abs. 2 BGG in der Sache selbst entscheiden kann oder ob es nur zur Aufhebung der Angelegenheit und dessen Rückweisung an die Vorinstanz befugt ist, wie dies Art. 73 Abs. 3 StHG vorsieht. Der Autor präsentiert die aufgeworfenen Fragen unter dem alten Prozessrecht (OG), vergleicht sie mit der unter dem BGG vorgesehenen Regelung und kommentiert die Lösung des Bundesgerichts.
Rechtsgebiete: Einkommenssteuer u. direkte Steuern im Allgemeinen
französisch, ca. 4389 Wörter


Mark Lerach
Bereits während der Fussballweltmeisterschaft 2006 war es im Zusammenhang mit den Bezeichnungen «FUSSBALL WM 2006» und «WM 2006» in Deutschland zu einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten gekommen. Die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) hatte exklusiven Schutz für diese Bezeichnungen beansprucht. Auch auf Ebene des europäischen Gemeinschaftsrechts ist noch keine Klärung der zentralen markenrechtlichen Fragen erfolgt. Anlässlich der Fussballeuropameisterschaft 2008 in der Schweiz stellen sich kennzeichenrechtliche Fragen erneut, zumal eine Ergänzung des UWG zur Erfassung so genannter Ambush-Marketingpraktiken abgelehnt worden ist.
Rechtsgebiete: Markenrecht
deutsch, ca. 2385 Wörter

 


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Letzte Woche wurden im digitalen  Rechtsprechungs-Kommentar folgende Beiträge publiziert
Bohnet François, Prestations de services par des avocats européens en Suisse et respect des délais en cas d’envois postaux
(
Kommentar von Urteil 4A_83/2008 vom 11. April 2008)
Die Volltexte der Kommentare finden Sie (passwortgeschützt) im Push-Service Entscheide («Kommentare»). Die Autoren- und Redaktionsteams finden Sie hier.

 

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 Aus den Bundesgerichten

Jurius
BGer – Die Luxusuhren-Firma «Montres Breguet» darf beim Sponsoring von TV-Sendungen nicht mit dem Zusatz «Depuis 1775» auftreten. Laut Bundesgericht stellt die Angabe des Gründungsjahrs eine unzulässige Werbeaussage dar.
Rechtsgebiete: Medienrecht
deutsch, ca. 185 Wörter


Jurius
BGer – Marc Roger bleibt in Untersuchungshaft. Das Bundesgericht hat es erneut abgelehnt, den ehemaligen Präsidenten des FC Servette bis zu seinem Prozess im September gegen Kaution auf freien Fuss zu setzen.
Rechtsgebiete: Allgemeines Strafprozessrecht
deutsch, ca. 177 Wörter


Jurius
BGer – Eine Anwohner-Parkkarte verpflichtet die Polizei nicht dazu, vor dem Abschleppen eines Autos aus dem Halteverbot den Besitzer zu kontaktieren. Eine Zürcherin muss die 425 Franken für den Abtransport ihres Wagens laut Bundesgericht nun doch zahlen.
Rechtsgebiete: Polizei- und Ordnungsrecht
deutsch, ca. 259 Wörter


Jurius
BGer – Ein geschiedener Vater muss deutlich weniger Kinderalimente zahlen, weil seine Ex-Gattin mittlerweile viel mehr verdient als er. Laut Bundesgericht trifft es sie im Verhältnis weniger hart, wenn sie die 600 Franken Differenz übernehmen muss.
Rechtsgebiete: Familienrecht
deutsch, ca. 182 Wörter


Jurius
BGer – Die Genfer Universitätsspitäler (Hôpitaux universitaires de Genève, HUG) haben die Grenze des Zulässigen überschritten, indem sie einen Patienten zur Bestrafung für einen Fluchtversuch im Sicherungszimmer eingesperrt haben. Das Bundesgericht beurteilte eine solche Sanktion der psychiatrischen Klinik Belle-Idée als unrechtmässig.
Rechtsgebiete: Familienrecht
französisch, ca. 241 Wörter


Jurius
BVGer – Die schweizerische Post kann das Wort «Post» nicht als Marke für die Brief- und Paketbeförderung eintragen lassen. Laut Bundesverwaltungsgericht erhält der gelbe Riese auch für weitere Haupttätigkeitsgebiete keinen exklusiven Markenschutz.
Rechtsgebiete: Markenrecht
deutsch, ca. 203 Wörter

 

 Pressemitteilungen

Jurius
Die Schweiz gibt die Salinas-Gelder in Höhe von ungefähr 74 Millionen Dollar an Mexiko heraus. Weitere Vermögenswerte, die nicht kriminellen Ursprungs sind, wurden hingegen deblockiert. Mit dieser Verfügung hat der zuständige eidgenössische Untersuchungsrichter ein über zwölfjähriges Verfahren abgeschlossen.
Rechtsgebiete: Internationale Rechtshilfe
deutsch, ca. 258 Wörter


Jurius
Im Hinblick auf die per 1. Januar 2009 umzusetzende Behördenreorganisation gemäss dem neuen FINMAG sind die geltende Börsenverordnung-EBK sowie die Übernahmeverordnung den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Die EBK und die Übernahmekommission haben ihre jeweiligen Erlasse umfassend überarbeitet und unterbreiten die Entwürfe für die neue Börsenverordnung-FINMA (BEHV-FINMA) und die neue Übernahmeverordnung (UEV) zur Anhörung.
Rechtsgebiete: Aufsichtsrecht
deutsch, ca. 219 Wörter


Jurius
Der Bundesrat hat am 18. Juni 2008 beschlossen, die Ausführungsbestimmungen zur lebenslangen Verwahrung auf den 1. August 2008 in Kraft zu setzen. Die neuen Bestimmungen des Strafgesetzbuches setzen das Anliegen der Verwahrungsinitiative um, die Gesellschaft besser vor extrem gefährlichen Straftätern zu schützen. Zugleich gewährleisten sie, dass dabei die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention beachtet werden.
Rechtsgebiete: Massnahmen (ohne Einziehung)
deutsch, ca. 363 Wörter


Jurius
Der Bundesrat hat sich am 18. Juni 2008 für die Übernahme der neuen europäischen Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ausgesprochen. Die Inkraftsetzung wird auf spätestens Anfang 2010 angestrebt. Die neue Richtlinie erleichtert die Dienstleistungserbringung und vereinfacht das europäische System der gegenseitigen Diplomanerkennung, an dem sich die Schweiz seit 2002 beteiligt.
Rechtsgebiete: Forschungsrecht, Bildungs- und Erziehungsrecht ; Europarecht
deutsch, ca. 429 Wörter


Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 18. Juni 2008 den Entwurf der revidierten Verordnung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (Ausweisverordnung) in die Vernehmlassung geschickt. Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis am 10. Oktober 2008.
Rechtsgebiete: Staatsorganisation und Behörden
deutsch, ca. 152 Wörter


Jurius
Das Luftfahrtgesetz soll in drei Etappen revidiert werden. Die Umsetzung des luftfahrtpolitischen Berichts des Bundesrates von 2004, neue Grundsätze für die Flughafengebühren und die Finanzierung der Flugsicherung sowie eine Aufsichtsabgabe für die kommerzielle Luftfahrt bilden die zentralen Elemente einer ersten Teilrevision, welche die Landesregierung bis im Herbst 2008 in die Vernehmlassung geschickt hat.
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht
deutsch, ca. 1287 Wörter


Jurius
Eine grosse Mehrheit der Kantone und sämtliche Parteien sprechen sich dafür aus, dass die Steuerpflichtigen in allen Kantonen Zuwendungen an politische Parteien von den Steuern abziehen können. Sie unterstützen eine Vorlage der staatspolitischen Kommission des Ständerates (SPK-S), wonach derartige Abzüge in allen Kantonen zugelassen werden sollen.
Rechtsgebiete: Einkommenssteuer u. direkte Steuern im Allgemeinen
deutsch, ca. 398 Wörter

 


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    Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in; Bundesamt für Migration BFM; Bern-Wabern
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    Jusletter 30. Juni 2008

    Peter Reetz / Daniel Sykora, Unzulässigkeit der vorläufigen Eintragung eines Verkäuferpfandrechtes durch den Einzelrichter im summarischen Verfahren
    Philippe Spitz, Prävention und Prozessrecht – die Compliance an einer Wegscheide
    Roland Pfäffli / Daniela Byland, Minderung des Kaufpreises beim Grundstückkauf: Kleinere Fläche als vertraglich zugesichert
    Matthias Jaggi, Unter welchen Voraussetzungen ist der Ausschluss eines Mitgliedes aus einer politischen Partei zulässig?
    Hinweis: Die Vorschau weist jeweils auf einige in der nächsten Ausgabe erscheinende Beiträge hin. Änderungen bleiben vorbehalten.

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