Jusletter 20. August 2007

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Liebe Leserinnen und Leser

Prof. Dr. iur. Felix Dasser stellt die Begründung zu BGE 6P.190/2006 vom 30. Mai 2007 in Frage. Thema war die Füllung einer Lücke in Art. 129 IPRG. Das Bundesgericht verneinte das Vorliegen eines qualifizierten Schweigens und füllte die Lücke zugunsten einer generellen örtlichen Zuständigkeit von Strafgerichten für Adhäsionsklagen in internationalen Verhältnissen analog zu Art. 28 GestG.

Die Europäische Gemeinschaft hat im Bereich der Sozialpolitik lediglich begrenzte Kompetenzen. Das Bedürfnis auch diesen Bereich stärker in die Tätigkeiten der Europäischen Union zu integrieren wird immer stärker. Damit steht heute der EuGH vor neuen Herausforderungen. Constanze Semmelmann verschafft einen kurzen Überblick über die Dynamik der Europäischen Gemeinschaft/Union hinsichtlich ihrer Rechtsnatur und inhaltlicher Ausrichtung.

In Jusletter 25. Juni 2007 ist Rolf Kuhn der Frage nachgegangen, ob im Bereich der Krankentaggeldversicherung nach VVG eine verfassungswidrige Verkürzung des Rechtsmittelzuges im Kanton Zürich vorliegt. Arthur Müller steigt in die Diskussion ein und erörtert verschiedene Lösungsansätze.

Für einen in seinen immateriellen Rechten Verletzten ist es regelmässig schwierig, seinen finanziellen Schaden zu bestimmen. Diese Schwierigkeit wird grundsätzlich über den Rückgriff auf die Theorie der Lizenzanalogie erleichtert. RA Dr. iur. Claudia Maradan untersucht im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichts die möglichen theoretischen Grundlagen zur Lizenzanalogie.

Die Notariatstarife in der Schweiz sind Thema zweier Beiträge: Der Preisüberwacher weist auf seine Studie hin, in der er die Gebühren für die öffentliche Beurkundung verschiedener Rechtsakte verglichen hat. Jean-Pierre Becher, der Generalsekretär des Schweizerischen Notarenverbandes, nimmt Stellung zu den Ausführungen des Preisüberwachers.

Mit besten Grüssen


Nils Güggi

 Inhaltsverzeichnis
 
Kurzbeiträge
Claudia Maradan, Violation de droits de propriété intellectuelle et détermination du préjudice : dommages-intérêts vs. remise du gain
Felix Dasser, Ein neuer Gerichtsstand für Adhäsionsklagen im IPRG
Arthur Müller, Krankentaggeldversicherung nach VVG: Braucht es zwei kantonale Instanzen?
Constanze Semmelmann, Die Transformation Europas geht weiter – dieses Mal in Richtung Sozialunion?
Jean-Pierre Becher, Notariatsgebühren sind Verwaltungsgebühren – nicht staatlich administrierte Preise
   
Korrespondenten Bundesgericht
Peter Josi, Mit 120 km/h den Gegner gerammt
Markus Felber, Rückführung eines Kindes nach Israel
Markus Felber, Unwiederbringlich verloren gegangene E-Mails
Markus Felber, Busse für falsches Lesen
   
Pressemitteilungen

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     Kurzbeiträge

    Claudia Maradan
    Dank der Theorie der Lizenzanalogie kann grundsätzlich der eine Verletzung seiner immateriellen Rechte Rügende die sehr schwierige Aufgabe überwinden, seinen finanziellen Schaden zu bestimmen. Im vorliegenden Beitrag werden die möglichen Rechtsgrundlagen dieser Theorie aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichts insbesondere der Entscheide «Milchschäumer II» und «Rohrschelle» untersucht.
    Rechtsgebiet: Immaterialgüterrecht
    deutsch, ca. 3189 Wörter


    Prof. Dr. iur. Felix Dasser
    Der Kassationshof des Bundesgerichtes erkannte eine Lücke in Artikel 129 IPRG und füllte sie zugunsten einer generellen örtlichen Zuständigkeit von Strafgerichten für Adhäsionsklagen in internationalen Verhältnissen analog zu Art. 28 GestG. Die Begründung für diese bemerkenswerte Lückenfüllung ist eher kurz ausgefallen und vermag nicht völlig zu überzeugen.
    Rechtsgebiet: IPRG
    deutsch, ca. 2864 Wörter


    Arthur Müller
    In Jusletter 25. Juni 2007 ist Rolf Kuhn der Frage nachgegangen, ob es zwei kantonale Instanzen braucht (Krankentaggeldversicherung nach VVG: Verfassungswidrige Verkürzung des Rechtsmittelzuges im Kanton Zürich?). Er kam zum Schluss, dass derartige Streitigkeiten vom Sozialversicherungsgericht beurteilt werden sollten, diesem aber eine weitere Instanz unterzuordnen sei. Es gibt indessen auch noch andere Lösungen.
    Rechtsgebiet: Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung
    deutsch, ca. 1341 Wörter


    Constanze Semmelmann
    In den 1960er und 70er Jahren machte der Europäische Gerichtshof (EuGH) aus der Europäischen Gemeinschaft eine Rechtsordnung sui generis. Fundamentale Veränderungen wie die unmittelbare Anwendbarkeit und Wirkung grosser Teile des Gemeinschaftsrechts, sein Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht, die mitgliedstaatliche Staatshaftung bei Verstoss gegen Gemeinschaftsrecht sowie die Schaffung und Entwicklung der Gemeinschaftsgrundrechte waren damit verbunden. Angesichts der begrenzten Kompetenzen der Gemeinschaft im Bereich der Sozialpolitik und der wachsenden Notwendigkeit, auch soziale Belange in die Tätigkeiten der Europäischen Union zu integrieren, steht der EuGH vor neuen Herausforderungen und nimmt diese auch an. Ein aktuelles Beispiel sind die Schlussanträge in den Rechtssachen «Laval un Partneri» sowie «Viking Lines», die beide am 23. Mai 2007 verkündet wurden.
    Rechtsgebiet: Europarecht
    deutsch, ca. 2601 Wörter


    Jean-Pierre Becher
    Der Preisüberwacher hat die Notariatstarife schweizweit einander gegenübergestellt; es handle sich dabei um staatlich administrierte Preise. Darauf führt der Preisüberwacher sein Empfehlungsrecht gegenüber den Kantonen zurück. Die folgende Stellungnahme des Schweizerischen Notarenverbandes widerspricht dem.
    Rechtsgebiet: Wettbewerbsrecht
    deutsch, ca. 449 Wörter

     


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     Korrespondenten Bundesgericht

    Peter Josi
    Gewählte Arbeitnehmervertreter dürfen laut Bundesgericht wie die übrigen Angestellten aus wirtschaftlichen Gründen entlassen werden, ohne dass der Betrieb dabei einen Restrukturierungsbedarf wegen schlechten Geschäftsgangs klar nachweisen muss.
    Rechtsgebiet: Arbeitsrecht
    deutsch, ca. 137 Wörter

    Peter Josi
    Das Bundesgericht hat die dreijährige Freiheitsstrafe wegen Gefährdung des Lebens (Art. 129 Strafgesetzbuch) für einen Autofahrer bestätigt, der bei Tempo 120 auf der Autobahn den Wagen eines Kontrahenten mit Absicht seitlich gerammt hat.
    Rechtsgebiet: Straftaten gegen Leib und Leben
    deutsch, ca. 239 Wörter

    Markus Felber
    Das Bundesgericht verlangt die Rückführung eines Kindes nach Israel bis spätestens Ende September, das von seiner obhutsberechtigten schweizerisch-belgischen Mutter nach Lausanne entführt worden war.
    Rechtsgebiet: Internationales ZPR
    deutsch, ca. 326 Wörter

    Markus Felber
    Im Streit um die Zuverlässigkeit des IT-Systems des Bundesgerichts liefert Letzteres unfreiwillig Munition für seine Kritiker im Bundesverwaltungsgericht: Dessen Vizepräsident musste nach seinen Ferien feststellen, dass die ihm während seiner Abwesenheit zugegangenen E-Mails restlos und unwiederbringlich verloren gegangen waren.
    Rechtsgebiet: Staatsorganisation und Behörden
    deutsch, ca. 456 Wörter

    Markus Felber
    Wer auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz die Nummer des Feldes falsch abliest und beim Bezahlen so eingibt, ist wegen «fahrlässigen Nichtingangsetzens der Parkuhr» mit einer Ordnungsbusse zu bestrafen (Art. 48 Abs. 6 Signalisationsverordnung).
    Rechtsgebiet: Strassenverkehrsrecht
    deutsch, ca. 155 Wörter

     Pressemitteilungen

    Jurius
    Zwischen den Kantonen werden für ein und dieselben Leistungen eines Notars unterschiedliche Tarife angewandt. Dies geht aus einer Erhebung der behördlich festgelegten Notariatstarife für standardisierte Rechtsakte hervor, die 2006 von der Preisüberwachung in allen 26 Kantonen und Halbkantonen durchgeführt worden ist und nun ausgewertet vorliegt.
    Rechtsgebiet: Wettbewerbsrecht
    deutsch, ca. 743 Wörter


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    Dokumentenverkehr und Dokumentenablage: Möglichkeiten und Risiken von elektronischer Signatur und elektronischer Archivierung
    26. September 2007 in Zürich
    Die Teilnehmenden lernen die aktuellen gesetzlichen Grundlagen kennen,
    sie lernen, wie die konkreten rechtlichen, technischen, organisatorischen und steuerpraktischen Zusammenhänge einzuordnen sind, und
    wie die finanziellen Risiken bei der Implementierung elektronisch gestützter Verfahren im Unternehmen besser eingeschätzt resp. eingegrenzt werden können.


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     Vorschau

    Jusletter 27. August 2007
    • Christoph Senti, Das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot: Grundlagen und Gerichtsentscheide
    • Laurent Bieri, Perte d’une chance vs responsabilité proportionnelle à la probabilité de la causalité
    Hinweis: Die Vorschau weist jeweils auf einige in der nächsten Ausgabe erscheinende Beiträge hin. Änderungen bleiben vorbehalten.

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