Jusletter
 
 


Jusletter 4. August 2003

Liebe Leserinnen und Leser

Die Rechtsentwicklung kennt keine Hitzeferien, ebenso wenig wie Jusletter. Auch heute können wir Ihnen deshalb wieder einen Jusletter präsentieren, der Sie über die jüngsten Entwicklungen im Rechtsbereich orientiert. Sie finden im heutigen Jusletter u.a. ein Verzeichnis sämtlicher auf den 1. August 2003 in Kraft getretener Bundeserlasse, verschiedenste Kurzbeiträge zu aktuellen Bundesgerichtsentscheiden und eine Kurzstellungnahme der Bankiervereinigung zur Stossrichtung von Basel II.

Mit BGE 129 III 197 ff. kommentiere ich Ihnen zudem einen Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts, wonach ein Drittpfandbesteller nicht berechtigt ist, eine negative Feststellungsklage gemäss Art. 85a SchKG zu erheben.

Ich wünsche Ihnen eine schöne Sommerwoche, hoffe, dass Sie dazukommen, sie etwas zu geniessen und grüsse Sie freundlich

Daniel Hunkeler
Leiter des Ressorts Schuldbetreibungs-, Konkurs- und Sanierungsrecht


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 Wissenschaftliche Beiträge

Erster Strassburger Entscheid zur Live-Übertragung von Strafprozessen

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat sich erstmals mit einer Frage befasst, die auf dem Gebiet der Medienberichterstattung seit Jahrzehnten zu den umstrittensten gehört: Inwiefern sind auch in Europa Ton- und Bildaufnahmen publikumsöffentlicher Gerichtsverhandlungen zuzulassen? Der Gerichtshof bezeichnete die Beschwerde eines norwegischen Radioveranstalters als unzulässig, der einen spektakulären Strafprozess live am Radio übertragen wollte. Die differenzierte Begründung des Entscheids zeigt auf, dass in Strassburg keine reflexartige Abwehrhaltung gegenüber vermehrter audiovisueller Präsenz im Gerichtssaal besteht.

Dr. iur. Franz Zeller



 Kurzbeiträge

Unzulässigkeit einer Feststellungsklage gemäss Art. 85a SchKG durch einen Drittpfandsteller 

Ein Drittpfandsteller ist nicht berechtigt, zur Feststellung des Nichtbestands eines Pfandrechts eine negative Feststellungsklage gemäss Art. 85a SchKG zu erheben. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kann sich die Klage nur auf die Schuld beziehen, weshalb der Ausdruck «Betriebener» den Drittpfandsteller nicht einschliesst.

Dr. iur. Daniel Hunkeler



Schuldner muss notfalls untervermieten

Wer eine teure Wohnung langfristig gemietet hat und seine Mietkosten daher im Falle einer Betreibung und Lohnpfändung nicht einfach durch eine Kündigung reduzieren kann, muss sein luxuriöses Heim unter Umständen ganz oder teilweise untervermieten.

Markus Felber



Englisches Wunder

Auf der Website des Bundesgerichts einen Leitentscheid abzurufen, ist nicht immer einfach. Wer die Verarbeitung der eingegebenen Stichworte starten will, sucht vergeblich nach dem sonst üblichen Befehl «Suchen». Der heisst hier «Finden». Doch nicht immer ist Nomen auch Omen: Oft wird nur gesucht und partout nicht gefunden, was in der gedruckten Ausgabe der Amtlichen Sammlung der Leitentscheide vor Jahren schon erschienen ist.

Markus Felber



Familienzulage für Zweiverdiener-Elternpaar

Kantonale Regelungen der Familienzulage, die bei Erwerbstätigkeit der Eltern in verschiedenen Kantonen einen Vorrang des Vaters vorsehen, sind gemäss einem neuen Grundsatzurteil des Bundesgerichts verfassungswidrig.

Dr. iur. Franz Zeller



Keine Teilung bei Teilinvalidität

Die Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge werden bei der Scheidung laut einem neuen Urteil des Bundesgerichts auch dann nicht hälftig geteilt, wenn bloss eine Teilinvalidität Vorsorgeleistungen ausgelöst hat. Grundsätzlich hat jeder Ehegatte Anspruch auf die Hälfte der gemäss Freizügigkeitsgesetz für die Dauer der Ehe ermittelten Austrittsleistung des anderen Ehegatten, sofern noch bei keinem der Gatten ein Vorsorgefall eintrat (Art. 122 Zivilgesetzbuch). Ist ein Vorsorgefall bereits eingetreten oder können aus andern Gründen die während der Ehe erworbenen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge nicht geteilt werden, so ist eine angemessene Entschädigung geschuldet (Art. 144 Zivilgesetzbuch).

Markus Felber



Ehe-Intermezzo mit der Schwiegermutter

Das Bundesgericht hat einem Ausländer das Aufenthaltsrecht abgesprochen, der die fremdenpolizeilichen Vorschriften durch ausserordentliche Vorkehren umgehen wollte. Der jugoslawische Staatsangehörige hatte 1984 seine erste Ehefrau geheiratet und wurde 1991 wenige Tage nach der Scheidung mit deren in der Schweiz lebenden Mutter getraut, worauf er eine Aufenthaltsbewilligung erhielt (Art. 17 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAG).

Dr. iur. Franz Zeller



Moratorium für ärztliche Privatapotheken

In den Städten Winterthur und Zürich muss die kantonale Gesundheitsdirektion keine Gesuche für die Medikamentenabgabe durch Ärzte (Selbstdispensation) bewilligen. Das Bundesgericht hat das seit 1998 faktisch geltende Moratorium akzeptiert. In einem einstimmig gefällten Urteil hat die II. Öffentlichrechtliche Abteilung die Beschwerde einer Betreiberin mehrerer Gesundheitszentren abgewiesen. Diese hatte verlangt, dass die Direktion ihre im Juni 1998 eingereichten Gesuche um Selbstdispensationsbewilligungen behandelt.

Dr. iur. Franz Zeller



SBVg begrüsst im Grundsatz die Stossrichtung von Basel II

In ihrer Stellungnahme zum dritten Konsultationspaket (CP 3) des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht begrüsst die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) im Grundsatz die vorgeschlagene Drei-Säulen-Konzeption. Die SBVg weist aber auch auf verschiedene Schwachpunkte hin. Insbesondere müssen die Reformen massvoll sein und einer Nutzen-Kosten-Analyse standhalten können.

Jurius



 Gesetzgebung

Verzeichnis der auf den 1. August 2003 in Kraft getretenen Erlasse des Bundes

Die vorliegende Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im August 2003 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.

Jurius




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